Donnerstag, 23. Januar 2025

Journalisten als Gatekeeper - ein Beispiel (Kommentar)

Manche Journalisten fühlen sich nicht in erster Linie ihrem Publikum und ihrer professionellen Neugier verpflichtet, sondern verstehen sich als 'Gatekeeper'. Sie bestimmen, welche Informationen zum Publikum durch gelassen werden und bemühen sich damit, ihre eigene Haltung, jene ihrer Chefs oder der ihnen nahe stehenden Politik zu verteidigen. Und dazu gehört auch, dass ihr Publikum nichts von Dingen erfahren soll, welche die eigenen Positionen gefährden. Ein gutes Beispiel für diese Art der Berufsauffassung ist die ORF-Redakteurin Barbara Schieder. 


ORF-Redakteurin Barbara Schieder während einer Journalsendung (Foto ORF)


Sehr gut ist mir Schieders 'kämpferische' Haltung während der Pandemie in Erinnerung. Man spürte förmlich ihre Angst, ihre Loyalität zur praktizierten Politik und ihren Zorn auf Kritiker der diversen Maßnahmen oder die Gegner der heftig diskutierten und dann auch im Parlament beschlossenen Impfpflicht. Es gab meist nur schwarz oder weiß. Und sie wusste genau, wo die Grenze lag. 

Heute hatte Barbara Schieder im Ö1-Morgenjournal den Virologen Florian Krammer zu Gast. Krammer, der hauptsächlich in New York forscht - und dort beispielsweise mit Millionenförderung der Gates Foundation an neuen Influenza-Impfstoffen arbeitet - hat nun auch einen Teilzeitjob in Wien: Er ist Chef eines neu geschaffenen Ludwig Boltzmann-Instituts zur „Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge“.


Anlass des Interviews war die Neu-Ausrichtung der Trump-Regierung unter einem impfkritischen Gesundheitsminister Robert F. Kennedy, Jr. Ebenso spannend ist die Rolle des Stanford Professors und künftigen Chefs des Nationalen Gesundheitsinstituts (NIH) Jay Bhattacharya. Er hatte gemeinsam mit anderen hochrangigen Wissenschaftlern die 'Great Barrington Declaration' veröffentlicht.  Darin forderten sie den „gezielten Schutz“ der Risikogruppen, während der restlichen Bevölkerung erlaubt werden sollte, ihr normales Leben zu führen, bis durch natürliche Ansteckungen eine Herdenimmunität erreicht sei. Dadurch sollten die durch Lockdowns und ähnliche Maßnahmen verursachten Kollateralschäden vermieden werden. 


Wie man ein spannendes Interview vermeidet

Diese Personalentscheidungen Donald Trumps könnten demnach der Startschuss zu einer globalen Corona-Aufarbeitung sein und im Sinne des proklamierten Slogans 'make Amerika healthy again' eine vollständig neuartige Gesundheitspolitik einläuten. 

Das hätte also ein sehr spannendes Interview werden können. 

Das Problem dabei war allerdings, dass man dafür auch die Positionen der beiden Personen hätte darlegen müssen. Positionen, die nach Ansicht von Barbara Schieder offenbar gemeingefährlich waren und das Publikum irritiert hätten. Das wurde also einfach ignoriert. Das Gespräch waberte in der Folge oberflächlich dahin. Krammer sagte, die Wissenschaft sollte entpolitisiert werden und ähnliches. Schieder fragte, ob Europa nach dem Ausstieg der USA aus der WHO dort mehr Geld zuschießen soll und Krammer bejahte das. Schieder fragte, ob wir für die nächste Pandemie gerüstet seien. Und Krammer sagte, das wisse er nicht genau, aber kommen würde sie auf jeden Fall. 

Auf diesem Niveau spielte sich das Gespräch ab. 

Betriebsunfall "Gain of Function"

Dann fragte Schieder nach einem Dekret, in dem laut Wall Street Journal die staatliche Finanzierung der Virenforschung in den USA zumindest vorübergehend ausgesetzt werden soll. "Schrillen da bei Ihnen die Alarmglocken?" 

Krammer antwortet, dass es sich dabei wahrscheinlich um die "Gain of Function" Experimente handle, "mit der man Viren gefährlicher macht, um rauszufinden, was das für Auswirkungen hat. Und da gibts natürliche heiße Diskussionen darüber". 

Schieder hatte offensichtlich mit etwas ganz anderem gerechnet, zum Beispiel einer bösen wissenschaftsfeindlichen Offensive zum Verbot von Impfstoff-Forschung oder ähnlichem. Beim Stichwort "Gain of Function" verschlug es ihr die Sprache und sie wechselte abrupt das Thema. 

Dabei hätte es hier speziell interessante Nachfragen gegeben. Etwa jene, ob es stimmt, dass die US-Forschung durch ihre Experimente selbst die SARS CoV II Viren geschaffen und damit die Pandemie mit Millionen Todesopfern ausgelöst hat. 

Robert Redfield, der damalige Chef der US-Gesundheitsbehörde CDC, hatte diese These im November 2024 in einem Podcast ausführlich erläutert. Er sagte, das Virus sei "absichtlich als Teil eines Bioverteidigungs-Programms entwickelt worden" und die Rolle der Vereinigten Staaten dabei sei erheblich gewesen. Er fuhr fort, dass der "wissenschaftliche Kopf hinter der Forschung" Dr. Ralph Baric von der Universität von North Carolina in Chapel Hill ist. "Es ist durchaus möglich", sagte der Ex-CDC-Direktor, "dass der Geburtsort des Virus Chapel Hill war."

Puh, geh weg du böse Realität. Solche Sachen sind doch pure Verschwörungstheorie. Barbara Schieders Weltbild - und das ihres Publikums - blieb weiß. 


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