Dienstag, 22. Dezember 2009

Was kann Tamiflu wirklich? Kann es überhaupt etwas?

Eben kam ein so genanntes "blitz a-t" von der Redaktion des Arznei-Telegramm.
Darin wird unter dem Titel
ZWEIFEL AN DEN DATEN ZU OSELTAMIVIR (TAMIFLU)
noch einmal die Vorgangsweise von Roche thematisiert, ihren Milliardenseller zu pushen, und die Ergebnisse sind wirklich erstaunlich.

Es wurden Ghostwriter verwendet, Leute, die an den Arbeiten mitgeschrieben haben, hatten gar keinen Zugang zu den Daten, in Wahrheit wurden die Studien von Leuten aus spezialisierten Agenturen verfasst, die in Kontakt mit der Marketing-Abteilung von Roche operierten, etc.

Die angeschriebenen Autoren der beiden vollständig publizierten Studien wie auch der Abstracts und der KAISER-Analyse selbst geben an, sofern sie überhaupt antworten, die Rohdaten nicht zu haben und verweisen auf Roche. Der Erstautor des Abstracts der mit Abstand größten Studie erklärt sogar, überhaupt nicht in die Studie involviert gewesen zu sein. Beim Vergleich der Namen, die in den Publikationen genannt werden, mit denen auf Unterlagen für Behörden fallen ebenfalls Widersprüche auf. Zudem melden sich ehemalige Mitarbeiter einer Agentur für medizinische Kommunikation und geben an, als "Ghostwriter" unter anderem das Manuskript einer der beiden vollständig publizierten Oseltamivir-Studien geschrieben zu haben. Sie sollen direkten Kontakt mit der Marketingabteilung von Roche gehabt haben, von der sie eine Reihe von Schlüsselbotschaften erhielten, die im Text vorkommen mussten, beispielsweise zum großen Gesundheitsproblem Influenza und dass Oseltamivir die Antwort darauf sei.

Die Wirksamkeit von Tamiflu zu überprüfen fällt extrem schwer, weil viele notwendige Daten gar nie veröffentlicht wurden. Die Gesundheitsbehörden widersprechen sich in ihren Einschätzungen gegenseitig. So hat Roche in den USA beispielsweise Wirkungen ihres Mittels konkret verneint, die in Europa offensiv beworben wurden.

In der US-amerikanischen Produktinformation wird dagegen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht belegt ist, dass Oseltamivir bakterielle Komplikationen einer Influenza verhindert.

Was nun wirklich stimmt, ist ungewiss. Roche lässt eine öffentliche Prüfung - z.B. durch die Cochrane Collaboration - nicht zu.

Resümee des arznei-telegramm:

Die Datenlage zu Oseltamivir (TAMIFLU) erweist sich als Desaster. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA sieht keine Belege für einen Schutz vor Grippekomplikationen durch Oseltamivir weder für Gesunde noch für chronisch Kranke. Wieder einmal bestätigt sich, dass auf Daten, die von Firmen zurückgehalten werden, kein Verlass ist. Wie bei den Impfstoffen gegen Schweinegrippe wird deutlich, dass an Bestellung und Einlagerung von Arzneimitteln, die der öffentlichen Gesundheit dienen sollen, besondere Maßstäbe an die Absicherung von Nutzen und Schaden anzulegen sind. Hersteller und Behörden stehen in der Pflicht, die Nutzenbelege offenzulegen und die Öffentlichkeit nicht mit Expertenmeinungen abzuspeisen.

Samstag, 12. Dezember 2009

Stiftung Kindergesundheit fürchtet um die Impfmoral

In einer Aussendung an Journalisten zeigt sich die "Stiftung Kindergesundheit" äußerst besorgt, dass die kontroverse Diskussion um Sinn und Nutzen der Schweinegrippe-Impfung den Kinderimpfungen insgesamt einen schweren Imageschaden zugefügt haben könnte.
Darin heißt es zur Einleitung:
„Impfgegner können sich zurzeit genüsslich zurücklehnen, denn die einander widersprechenden ‚Experten’ haben ihre Rolle übernommen!“ sagt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit nicht ohne Verbitterung. „Harmlose Lokalreaktionen nach einer Impfung gegen die neue Grippe wurden von den Medien leichtfertig zu schweren Nebenwirkungen hochgejubelt, bewährte Bestandteile von Impfstoffen zu gefährlichen Chemikalien befördert. Es ist zu befürchten, dass manche solchermaßen verunsicherte Eltern die haltlosen Befürchtungen auch auf die bewährten und sicheren Kinderimpfungen übertragen. Damit würden sie jedoch die Gesundheit ihres Kindes aufs Spiel setzen“, so der Münchner Kinder- und Jugendarzt, Stoffwechselspezialist der Universitäts-Kinderklinik München.
Die Stiftung Kindergesundheit gibt an, dass sie sich als unabhängige Organisation für die Interessen der Kindergesundheit einsetzt. Doch ist sie tatsächlich unabhängig?
Wenn sich eine "Stiftung Kindergesundheit" für ihre Aktivitäten von der Pharmaindustrie regelmäßig in großem Umfang finanziell unterstützen lässt (z.B. hier), dann auch noch mit Pharmapreisen auszeichnen lässt (z.B. hier), was macht dann eigentlich noch den Unterschied aus zwischen dieser "Stiftung" und einer Firma, die ganz einfach "Pharma PR" macht?

Der Vorsitzende dieser Stiftung, Berthold Koletzko ist zudem einer der am besten mit der Industrie verbandelten Mediziner Deutschlands. Seine "Conflict of Interest"-Erklärung liest sich recht eindrucksvoll:
Berthold Koletzko and his research group have been involved in scientific collaborations with Abbott, Ardeypharm, Baxter, B. Braun, Biovitrum, Bristol Myers Squibb Foundation, Cognis, Dairy Goat Cooperative, Danone, Fresenius-Kabi, Fronterra, JHeimbach LLC, Hipp, Martek, Merck Selbstmedikation, Nestlé, Orafti, Ordesa, Pharmaton, Unilever, Vifor, and Wyeth

Im folgenden werden in dieser Information an Journalisten eine Reihe von Einwänden gegenüber Impfungen aufgezählt und dann knallhart widerlegt.
In Punkt 1 des insgesamt 13 Punkte umfassenden Papiers heißt es unter anderem:
Tetanus-Erreger befinden sich im Erdboden auf der ganzen Welt und sind nicht zu bekämpfen. Nach wie vor erkranken Kinder in Deutschland an dieser lebensbedrohlichen Infektion. Eine Immunität gegen sie ist nur durch die Impfung zu erreichen.
Hier wird eine Gefahr hoch gespielt, die bei Kindern gar nicht in diesem Ausmaß existiert. Aber es ist eben eine sehr gut eingeführte, weit verbreitete Furcht, dass ohne Impfung viele Kinder an Tetanus erkranken würden. Und diese Furcht wird gehätschelt und gepflegt.
Wenn es möglich wäre, das mal tatsächlich zu prüfen, würden viele Impfbefürworter wahrscheinlich ihr blaues Wunder erleben.
In Wahrheit ist Tetanus nahezu ausschließlich für ältere Menschen gefährlich, wenn sie z.B. schlecht heilende Wunden haben. Bei gut versorgten und gereinigten Wunden von Kindern kommt Tetanus praktisch nicht vor. Beschriebene Fälle sind hier in der gesamten Medizinliteratur extrem selten. Mir ist hierzu eine Untersuchung aus den USA in Erinnerung, wo innerhalb von 20 Jahren 14 Fälle von Tetanus bei Kindern und Jugendlichen im Alter unter 18 Jahren beschrieben wurden. Alle 14 Kinder (einige davon auch geimpft) wurden rechtzeitig behandelt und haben überlebt. In Deutschland ist seit mehr als 20 Jahren kein Kind mehr an Tetanus gestorben - und das bei hunderttausenden Ungeimpften.
Ich warte zudem schon lange auf eine Arbeit, die zeigt, wie gut die Impfung bei älteren Menschen wirkt und ob sie auch tatsächlich in der Lage ist, Tetanus zu verhindern. Bei chronisch kranken älteren Personen besteht ja tatsächlich ein kleines aber doch vorhandenes Risiko. Und hier wird den Risikogruppen auch konkret zur Auffrischung der Tetanus-Impfung geraten.
Gefunden habe ich bislang keine Arbeit dazu. Lediglich Hinweise, dass besonders gefährdete Personen (z.B. Diabetiker) einen deutlich schlechteren Immunstatus aufbauen wie gesunde Gleichaltrige.

Weiter im Text:
Auch Diphtherie-Erreger sind noch vorhanden. Sie können von Urlaubsheimkehrern, Geschäftsreisenden oder Einwanderern tagtäglich eingeschleppt werden und sich ausbreiten.
Auch das ist eine "Urban Legend". In ganz Mitteleuropa ist bei einem Großteil der Erwachsenen kein Diphtherie-Schutz mehr vorhanden.
Und ist deshalb in dieser Altersgruppe jemals eine Epidemie ausgebrochen? Null. Nicht mal als zu Beginn der 90er Jahre in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion eine große Diphtherie-Epidemie wütete, ist irgendwas zu uns rüber geschwappt.
Diphtherie scheint eine Krankheit zu sein, die Krieg und Elend folgt.

 Weiters heißt es:
Fälle von Kinderlähmung (Polio) sind vor einiger Zeit im Urlaubsgebiet der Dominikanischen Republik, … registriert worden
Dieses Beispiel zeigt besonders gut, wie tendenziös hier informiert wird. Dass die damaligen Polio-Ausbrüche in der Dom-Rep und Haiti nämlich in Wahrheit von der Polio-Impfung ausgegangen sind – wie auch bei anderen Ausbrüchen zuvor und danach  z.B. in Nigeria, China, oder Madagaskar – wird glatt unterschlagen.
Bei dieser Lebendimpfung bestand immer die Gefahr, dass Geimpfte oder deren Umgebung selbst an Polio erkrankten, weil die Viren nicht gut genug abgeschwächt waren oder in eine virulente Form "zurückmutierten". Das war auch der Hauptgrund, warum die (gut wirksame) Lebendimpfung vor einigen Jahren durch die jetzige (weniger gut wirksame) Polio-Totimpfung ersetzt wurde.
Damit hier keine Missverständnisse entstehen: Ich bin kein Gegner der Polioimpfung. Ich denke, dass sie große Verdienste hatte. Meine älteren Kinder drei Kinder bekamen alle noch die Polio-Lebendimpfung.
Was mich ärgert ist unredliche Information, wo mit falschen Behauptungen Propaganda gemacht wird.

Und schließlich wird noch mal der berühmte Diphtherie-Ausbruch im Osten bemüht:
…oder der explosionsartige Anstieg der Diphtherie in der ehemaligen Sowjetunion zeigen, dass eine Vernachlässigung von Schutzimpfungen ernsthafte Konsequenzen haben kann.
Hier wird unterschlagen, dass die Kinder in diesen Ländern nach mitteleuropäischen Maßstäben nicht weniger geimpft, sondern sogar überimpft waren.
In der Ukraine, einem der von der Epidemie am meisten betroffenen Länder, wurden Kinder sogar sechs Mal gegen Diphtherie geimpft. Unter den Diphtherie-kranken Kindern waren dort ca. 80% ordnungsgemäß geimpft. Die Wirksamkeit der Impfung wurde heftig bezweifelt.

Das war natürlich peinlich und so wurde der Ausbruch gründlich untersucht. Mit dem Ergebnis, dass z.B. die US-Behörde CDC verlautbarte, dass mit der Sowjetunion damals auch die Impfmoral zusammengebrochen sei. In der Bevölkerung habe sich eine enorme Impfskepsis verbreitet, zudem wurden neuartige russische Impfstoffe verwendet, die eine so niedrige dosierte Diphtherie-Komponente enthielten, dass die Impfung wohl deshalb nicht so gut wirkte.

Kurioserweise ist es ebenfalls die CDC, welche ihre eigenen Angaben widerlegt. Und zwar in einer Studie, die vor Ort in der Ukraine in Kooperation mit dem dortigen Gesundheitsministerium durchgeführt wurde.
Die Studienautoren testeten die vor Ausbruch der Epidemie verwendeten Impfstoffe. Sie gingen auch dem Verdacht nach, dass die sowjetische Impfstoffe für den Ausbruch verantwortlich sein könnten, die einen reduzierten Antigen-Gehalt hatten. Sie fanden jedoch, dass diese niedrigpotenten Impfstoffe nur von weniger als 5% verwendet wurden. Die anderen Impfstoffe erzielten hingegen exzellente Antikörper-Titer. Die Durchimpfungsrate war vergleichbar jener der USA.
Das kann also demnach keine Mitschuld haben, dass die Epidemie ausgerechnet in der Ukraine so gewütet hat.
Die Autoren tippen darauf, dass es am schlechten Immunitätsstatus der Erwachsenen lag.
The VE after three doses of any diphtheria
vaccine in children <15 years of age
was 98.2%, increasing to 99.7% and 99.9% with four and five
or more doses, respectively. These VE results are only slightly
lower than the 100% immunogenicity (defined as >0.01 IU)
after three doses in clinical trials [27]
While our sample size was inadequate to evaluate the VE of
the reduced-potency AKDS-m alone, it was reassuring that
only 5% of the cases and controls had received this vaccine,
suggesting that this was not a major contribution to lower
immunity in Ukraine. The vaccine coverage by age group
among the controls in our VE case-control study also provided
the first independent assessment of up-to-date vaccination
status of Ukrainian children. Before the outbreak, coverage
with three or more doses of diphtheria vaccine exceeded 80%
by 2 years of age and 85% by 3 years of age for almost all age
cohorts, compared with 83% by 2 years of age in 1992 in the
United States [32]. These results suggest that while efforts to
improve the 68% coverage with receipt of three doses by 1 year
of age are definitely worthwhile, low childhood vaccine coverage per se was unlikely to be a major cause of the outbreak.
Our findings also provided for the first time strong scientific evidence against alternative causes (e.g., toxin mutation and radiation exposure from Chernobyl), which were prevalent considerations early in the confusion of the outbreak [33]: This finding allowed for resources to be directed toward the main culprit—inadequate adult immunity [34].
Schließlich wundern sich die Autoren noch, warum die Diphtherie hier im Osten so wütete, während in anderen Ländern mit ähnlich miesem Immunstatus bei den Erwachsenen - trotz einiger eingeschleppter Diphtherie-Fälle von Reisenden - keine Epidemie folgte.
Sie tippen darauf, dass es mit dem kurz zurückliegenden Afghanistan Krieg zu tun haben könnte. In den Kasernen der heimkehrenden Soldaten waren auch die ersten Krankheitsfälle beobachtet worden:
 While the causes of this outbreak are likely to be multifactorial
[13, 34, 35], it is interesting that other countries
with long-standing routine childhood immunization programs
against diphtheria and poor compliance with adult booster
policies (and therefore poor adult immunity levels) have not
had similar resurgences despite periodic introductions of diphtheria [4, 34]. During World War II, large diphtheria outbreaks occurred in several countries on both sides upon return of large numbers of soldiers from tropical settings (e.g., North Africa and the South Pacific); the cutaneous diphtheria they had contracted transformed to respiratory diphtheria upon return to the more temperate climates [36, 37]. Diphtheria incidence increased sharply in Afghanistan after invasion by the former Soviet Union in 1979. Soviet troops were withdrawn in 1989, and the NIS outbreak was first detected among the military in various locations around this time [13]. Perhaps molecular epidemiology may one day provide insight on whether this was more than a coincidence [38].
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So, jetzt reichts, ich höre bei Punkt 1 des Pamphlets der "unabhängigen" Stiftung Kindergesundheit gleich wieder auf. Sonst wird das hier ein Monsterposting.
Dass diese Art Impfpropaganda den Karren des "Impfgedankens", der während der Schweinegrippe-Impfung scheinbar in den Dreck gefahren wurde, wieder herausziehen kann, bezweifle ich aber stark.

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Luc Montagnier über seine Sicht der AIDS-Problematik

Mir war es ja immer sympathisch, dass Luc Montagnier den Nobelpreis bekommen hat und sein US-Konkurrent und Pseudo-HIV-Entdecker Robert Gallo leer ausgegangen ist.

Vor allem weil Montagnier seit langem die Meinung vertritt, dass das Virus nicht das alleinige Problem bei AIDS ist und es eine Menge Co-Faktoren zu berücksichtigen gilt, wenn man diesem Phänomen tatsächlich wirksam begegnen will.
Speziell von US-Amerikanischer Seite (Gallo, Fauci & Co.) wird allerdings seit langem der Fokus allein auf die antivirale Therapie sowie auf eine "AIDS-Impfung" gelegt. Mit diesem Ansatz wurden die letzten 25 Jahre Abermilliarden an Forschungsgeldern verbraucht, zur Besserung der Situation - vor allem im am schwersten betroffenen Afrika - hat das aber bisher nicht wirklich beigetragen.

Montagnier hat für den aktuellen Film House of Numbers (den ich noch nicht gesehen habe) ein sehr interessantes Interview gegeben. Auf YouTube gibt es diesen Ausschnitt vorab.