Montag, 8. März 2010

Beschämte Abkehr vom "Weltvirus"

Im zurückliegenden Jahr war die H1N1-Schweinegrippe - neben der Finanzkrise - das wohl beherrschende globale Thema. In vielen Medien wird derzeit Bilanz gezogen, wie klug dieser Gefahr begegnet wurde und ob die Ausrufung der Influenza-Pandemie seriöse Gesundheitsvorsorge oder ein "unkontrollierter Großversuch" an der Bevölkerung war. Manche dieser Medien haben eine scharfe Korrektur vorgenommen - und sind aus dem von der WHO ("Welt-Hysterie-Organisation" - wie der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe übersetzt) vorgegebenen Kurs ausgeschert.
Das deutsche Leitmedium hat das am eindrucksvollsten hingekriegt und hinterfragt in einer erstklassigen Aufarbeitung der "Weltkampagne gegen die Schweinegrippe - die Chronik einer Massenhysterie" (nur in der Printausgabe verfügbar) immerhin auch die eigene Rolle. Denn zu Beginn der Kampagne hat der Spiegel mit der Titelstory vom "Welt-Virus"(Heft 19/2009) noch kräftig an der Panik mitgeschürt. Das hat sich in der Folge aber radikal geändert.
Im "Stern"-Archiv finden sich 300 Beiträge zur Schweinegrippe, unzählige Videos - von Urlaubern, die sich "krank wie ein Schwein" gefühlt haben, bis zu den ersten Todesfällen in Deutschland. Nun überwiegt auch hier die Kritik - vermittelt etwa über die Aussage des Epidemiologen der Universität Münster, Ulrich Keil, der beklagt, dass über die großteils unnötigen – weil weder medizinisch sinnvollen, noch von der Bevölkerung angenommenen – Schweinegrippe-Impfstoffe "eine Milliarde durch den Schornstein gepfiffen" wurde.
Trotzig wie ein böses Kind, gibt sich hingegen die Ärzte-Zeitung in Person ihres Redakteurs Michael Hubert. Er hatte mit seinem Medium die Seuche begleitet wie ein treuer Apostel der Pharmaindustrie und stets den medialen Verstärker gespielt, wenn es galt, die lebensrettende Impfung zu bewerben, das besondere Risiko der Schwangeren herauszustreichen oder vor der nächsten und übernächsten Grippewelle zu warnen.
Nun zieht auch Hubert Bilanz und stellt sich die Frage, ob es sich bei der Milliarde tatsächlich um verbranntes Geld gehandelt habe. Seine Antwort ist insofern originell, weil er sinngemäß meint: "Na, wenn schon!" Denn, so Hubert:
Für die einmalig eine Milliarde Euro Pandemieschutz bekommt man beispielsweise ein Jahr ermäßigte Mehrwertsteuer für Hoteliers.
Soll wohl heißen: Und da hätten wir Nicht-Hoteliers ja auch nicht großartig was davon.
Wenn sich ein Medium in erster Linie ihren Inserenten verpflichtet fühlt und erst weit abgeschlagen ihren ärztlichen Lesern, so sind solche Vergleiche im Blattumfeld wohl fast schon als Fakten zu werten.
Wir selber hier im Blog hatten keine wesentlichen Gründe zum argumentativen Hakenschlagen, galt uns die "Gripperl-Pandemie" doch von Beginn an eher als praktisches Beispiel einer Leerübung im Fach "Public-Health für Dummies". Und nach dem, was hier abgeliefert wurde, stand rasch fest, dass die Lehrer die Belehrten bestenfalls an erpresserischer Aufgeregtheit, jedoch sicher nicht an Seriosität überragt haben.

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