Mittwoch und Donnerstag fand in Berlin eine Konferenz des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zum Thema Aluminium statt, an der ich teilgenommen habe. Die weiteste Anreise hatte die Alzheimer-Expertin Judie R. Walton, Professorin an der University of New South Wales in Sydney. Sie präsentierte in ihrem Vortrag 20 Belege für die These, dass Aluminium die Alzheimer Krankheit auslöst. Basis ihres Vortrages ist ihr "Opus Magnum", ein Übersichtsartikel, der kürzlich im Journal of Alzheimer's Disease publiziert wurde. Die Arbeit ist 74 Seiten lang, bietet 488 Quellverweise in die wissenschaftliche Literatur und lässt im Titel keinen Raum für Zweifel: "Chronic Aluminium Intake Causes Alzheimer's Disease".
Prof. JR Walton (r.) mit Moderatorin Dr. Adelheid Müller-Lissner vom Tagesspiegel, Foto: Ehgartner |
Hier ein Interview mit Prof. Judie R. Walton zu ihren Thesen.
(Bert Ehgartner vom BfR Forum in Berlin)
Was ist Ihrer Ansicht nach die Ursache der Alzheimer Krankheit?
JR Walton: Die Ursache der Alzheimer Krankheit liegt in der chronischen Aufnahme von Aluminium. Das kann über Nahrungsmittel passieren, über Trinkwasser, über Kosmetikprodukte wie etwa die Antitranspirantien, über Impfungen die Aluminium-haltige Hilfsstoffe enthalten und zahlreiche andere Produkte. Erwähnen möchte ich auch kontaminierte Luft in der Wohnumgebung oder einen Arbeitsplatz, wo man mit Aluminiumdämpfen oder Stäuben konfrontiert ist. Aluminium ist ein Nervengift und wir kennen ja bereits eine andere Form der Demenz - die so genannte Dialyse-Demenz – wo Aluminium eindeutig als Verursacher überführt worden ist.
Wie konkret kann man sich das vorstellen?
JR Walton: Sehr geringe Mengen von Aluminium reichern sich laufend im Hirngewebe an, speziell in jenen Regionen, wo auch die Gedächtnis-Verarbeitung passiert. Wenn das Gehirn diesem Neurotoxin 40 bis 50 Jahre ausgesetzt ist und dazu noch die normalen biologischen Alterungsprozesse greifen, so kann das in jene Veränderungen münden, welche wir als Alzheimer-Krankheit bezeichnen.
Kann der Anstieg nicht eine Folge dessen sein, dass die Menschen früher einfach nicht alt genug wurden, um überhaupt an Alzheimer zu erkranken?
JR Walton: Immer mehr ältere Menschen haben diese durchschnittliche Aluminium-Zeitspanne von 40 bis 50 Jahren mit erlebt. Bei genetisch empfänglichen Personen kann auch eine kürzere Periode ausreichen, um die Krankheit zu entwickeln. Doch wenn die Aluminiumdosis niedrig genug ist – auf einem Level wie in der vorindustriellen Zeit – so erreichen die Menschen ein hohes Alter ohne Anzeichen von Demenz.
Was sind die wichtigsten Resultate Ihrer Studien mit Ratten?
JR Walton: Ratten altern 35 mal schneller als Menschen. Wir sind also in der Lage, die Alzheimer entsprechende Demenz in Ratten binnen zwei bis drei Jahren zu erforschen, wofür wir beim Menschen viele Jahrzehnte brauchen würden. Wenn man es von der anderen Seite betrachtet, so leben wir alle inmitten eines Belastungs-Experiments, wo wir etwa über die Nahrungsmittel einer täglichen Dosis von 0,4 bis 1,6 Milligramm Aluminium pro Kilogramm Körpergewicht ausgesetzt sind. Die Rattenstudien zeigen uns, dass die Sicherheitszone sehr eng ist. Eine fiktive Person, die als Baby Muttermilch erhalten hat anstelle der Aluminium-belasteten Ersatzmilch, die keine Alu-haltigen Impfungen bekommen hat, keine Alu-haltigen Medikamente nimmt, deren Trinkwasser-Belastung unter 0,02 mg pro Liter liegt, die sich von frischen Nahrungsmitteln ernährt, welche selbst zubereitet oder gekocht werden, die keine Alufolie verwendet und auch keine Alu-Deos – so eine Person wird mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals an Alzheimer erkranken. Menschen, welche diese Regeln brechen – und das sind fast alle hier unter uns – entwickeln hingegen nach einigen Jahrzehnten ein konkretes Alzheimerrisiko.
Wie ist ihr Ratten-Experiment im Detail abgelaufen?
JR Walton: Das erste Jahr über haben wir alle Tiere mit einer Aluminium-armen Diät gefüttert, damit sich ihr Gehirn normal entwickeln konnte. In dieser Zeit trainierten wir sie mit einem der üblichen Standard-Gedächtnistests. Als die Tiere ein Jahr alt waren, haben wir sie verschiedenen Gruppen zugelost, die fortan mit dem Trinkwasser Aluminium in drei Dosierungen aufnahmen. Die Menge haben wir nach dem unteren, dem mittleren und dem oberen Gehalt bemessen, wie es der durchschnittlichen menschlichen Ernährung entspricht. Das haben wir bis zum Lebensende der Ratten so beibehalten.
Und was waren die Unterschiede?
JR Walton: Körperlich blieben die meisten Tiere gesund, aber die Mehrzahl der Tiere in der Gruppe mit der höchsten Aluminium-Dosis verloren ihr Kurzzeit-Gedächtnis. Ab einem Alter von 28 Monaten war kein einziges Tier aus dieser Gruppe mehr in der Lage, den Gedächtnistest zu machen. Langzeit-Experimente mit Ratten werden oft im Alter von 23 Monaten – das entspricht einem Menschenalter von 70 Jahren – abgebrochen. Unsere Laborratten starben meist an Altersschwäche. Das älteste Tier wurde 36 Monate alt, was einem Menschenalter von 105 Jahren entspricht.
Die Resultate Ihrer Studien stimmen nicht mit anderen Studien überein, wo teils viel höhere Dosen an Aluminium verwendet wurden.
JR Walton: Das liegt daran, dass sich Aluminium unterschiedlich auswirkt, je nachdem ob sie hohe oder niedrige Dosen einsetzen. Es kommt sehr auf die Dauer einer Exposition an, weil sich die Konsequenzen gegenseitig verstärken können. Wenn sie den Tieren höhere Dosen geben, so haben sie den kognitiven Schaden schon im jungen Alter. Das gleicht eher einer Vergiftung. Bei einer niedrigen Aluminiumdosis beobachten wir hingegen eine lange Vorlaufphase, die weitgehend symptomfrei ist. Unsere Arbeit gleicht eher den epidemiologischen Studien beim Menschen, die gezeigt haben, dass die Bevölkerung in einem Trinkwasser-Gebiet mit hohem Aluminiumgehalt ein höheres Alzheimerrisiko hat.
Allgemein heißt es, dass die Ansicht vor 20 Jahren widerlegt worden ist, dass Aluminium die Alzheimer Krankheit verursacht.
JR Walton: Dieses Statement wird heute noch genauso verbreitet wie vor 20 Jahren. Ich lade alle ein, meine 16 publizierten Studien zu diesem Thema zu lesen, dann können Sie ja entscheiden, ob Sie das noch immer glauben.
Erst kürzlich sind zwei Übersichtsartikel publiziert worden, welche behaupten, dass die Aluminiumhypothese zur Erklärung der Alzheimer-Erkrankung tot ist.
JR Walton: In meiner aktuellen Übersichtsstudie gehe ich derselben Frage nach und komme zu einem diametral gegensätzlichen Resultat. In meiner Arbeit zitiere ich beinahe 500 wissenschaftliche Quellen zur Neurotoxizität von Aluminium und seinen Effekten. Ich fühle mich recht sicher mit meiner Position, dass die Aluminiumhypothese mehr denn je am Leben ist und die Waagschale der Evidenz ein recht eindeutiges Ergebnis liefert.
Es heißt, dass sich Aluminium erst später im Gehirn anreichert, nachdem der Schaden schon angerichtet ist.
JR Walton: Diese Ansicht ist extrem fadenscheinig. Aluminium gelangt auf verschiedene Arten in Nervenzellen des Gehirns, wo es sich akkumuliert und die Zellfunktion stört. Ich habe diesen Vorgang in sechs Stadien eingeteilt, die einen zeitlichen Verlauf haben und in verschiedenen Zellen ähnlich ablaufen. Irgendwann ist aber immer der Punkt erreicht, wo die zellulären Reparaturmechanismen und deren Fähigkeit zur Kompensation den angerichteten Schaden nicht mehr ausgleichen kann und die Zelle ihre Funktion verliert.
Kupfer und Eisen werden ebenfalls als mögliche Auslöser der Alzheimer-Krankheit diskutiert. Was halten Sie davon?
JR Walton: Kupfer und Eisen sind essentielle Spurenelemente, die im Organismus die verschiedensten wichtigen Funktionen erfüllen. Diese Metalle unterliegen strengen Kontrollmechanismen. Es gibt Proteine, welche die Aufgabe haben, sie einzufangen und an sicheren Orten zu lagern, wenn sie einen bestimmten Grenzwert übersteigen. Aluminium ist nicht essentiell. Es wird für gar nichts im Körper gebraucht – und sowohl bei der Alzheimer Krankheit als auch bei Dialysedemenz oder der Knochenerweichung finden sie stets hohe Aluminiumspiegel im Serum.
Prof. Judie R. Walton mit Partner Don Bryson-Taylor, Foto: B. Ehgartner |
Das Interview ist auf der Seite des Al-ex Institut erschienen wo auch noch eine Reihe anderer Artikel zum BfR Forum zu lesen sind.
wir uns über einen kleinen Beitrag zu unserer Arbeit sehr freuen.
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