Peter Aaby kritisiert vehement die Impfpolitik der WHO (Foto: Ehgartner) |
Auch in meinem aktuellen Buch "Gute Impfung - Schlechte Impfung", das in den nächsten Tagen in den Buchhandel kommt, ist Aabys Forschung ein großes Kapitel gewidmet. Ich verfolge seine wissenschaftliche Arbeit seit fast 20 Jahren und habe Peter Aaby in Guinea-Bissau – in dem von ihm vor 40 Jahren gegründeten "Bandim Health Project" – besucht.
Hier der erste Teil eines Interviews, das ich vor einigen Tagen mit Peter Aaby geführt habe.
Peter Aaby mit der Medizinerin Christine Benn, die das Forschungszentrum leitet (Foto: Ehgartner) |
Hat Ihnen der Film "Eingeimpft" von David Sieveking gefallen?
Aaby:
Ich habe den Film
in Kopenhagen gesehen mit englischen Untertiteln. Er behandelt die Frage, ob
man seine Kinder impfen lassen soll, recht ausgewogen und offen in alle
Richtungen. Danach gab es eine längere Diskussion mit einer Menge guter Fragen aus dem Publikum.
Jemand kritisierte, dass die WHO nicht zu meiner Kritik an deren
Impfpolitik gefragt wurde. Doch sie waren schon eingeladen, sie wollten aber nicht Stellung
nehmen.
Waren
Sie damit zufrieden, dass Davids Kinder am Ende geimpft wurden?
Aaby:
Ja, an sich schon.
Ich halte es für wichtig, dass die Reihenfolge der Impfungen beachtet wird. Am
Ende einer Impfserie sollte stets eine Lebendimpfung gegeben werden.
Kann
man Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den „unspezifischen Effekten“ von
Impfungen wirklich auf diesen einen Ratschlag an die Eltern eindampfen: "Zuletzt eine Lebendimpfung geben!"
Aaby:
Die inaktivierten
Impfstoffe schützen vor Krankheiten, die potenziell gefährlich oder sogar
tödlich sein können. Insofern ist es gut, hier einen gewissen Schutz zu haben.
Es handelt sich allerdings um schlechte Impfungen und sie können negative
Konsequenzen haben, die bei vielen Kindern ernsthafter sind, als nicht geimpft
zu sein. Mein Vorschlag, eine Lebendimpfung am Ende zu geben, ist eine Art
Versuch, das derzeitige Impfprogramm notdürftig zu reparieren.
Wenn wir
beispielsweise dazu raten würden, die Pertussis-Impfung weg zu lassen, würden
wir wahrscheinlich einen Sturm der Empörung auslösen, dass wir schuld sind, wenn
unzählige Kinder an Keuchhusten sterben.
Tatsache
ist, dass derzeit in einigen Ländern - wie den USA aber auch in Europa - so
viele Keuchhusten-Fälle auftreten wie zu Zeiten, als noch gar nicht geimpft wurde. Die Impfung
scheint also ohnehin nicht zu funktionieren?
Aaby:
Die
Pertussis-Impfung war schon immer eine schlechte Impfung. Meine Hoffnung liegt auf
einem neuen französischen Impfstoff, der lebende abgeschwächte
Keuchhusten-Bakterien enthält. Im Tierversuch hat sich gezeigt, dass er
positive unspezifische Effekte hat - und es gibt auch bereits einige Studien am
Menschen.
Wie
steht es um die anderen Impfstoffe? - Manche sind fast 100 Jahre alt. Wäre es
Zeit für eine Evaluierung, was heute noch Sinn macht?
Aaby:
Das wäre zweifellos
eine gute Idee. Ich kann das aus afrikanischer Perspektive aber schlecht
beurteilen. Wir haben meist nicht mal die Möglichkeit, Fälle von Diphtherie
eindeutig zu diagnostizieren, falls welche auftreten sollten. Wir wissen nicht,
wie relevant diese Krankheit heute ist. Auch bei Tetanus wissen wir das nicht
wirklich. Wenn wir aufhören zu impfen, könnten eventuell Krankheiten zurückkommen.
Was wir jedoch bräuchten wäre eine breite Evaluierung der spezifischen und
unspezifischen Effekte aller derzeit verabreichten Impfungen.
Unterstützt
die WHO dieses Vorhaben?
Aaby:
Die WHO hat ganz
andere Pläne. Sie propagiert derzeit die Erfassung der Kinder im zweiten
Lebensjahr um hier zusätzliche Gesundheitsinterventionen zu setzen. In Entwicklungsländern
definiert sich die gesundheitliche Hilfe vor allem über die Frage, wie viele
Impfungen die Kinder bekommen. Und nun sollen eben im zweiten Lebensjahr
zusätzliche Impfungen gegeben werden. Geplant ist etwa eine Booster-Dosis von
Diphtherie-Tetanus-Pertussis - und Studien haben gezeigt, dass danach die
Sterblichkeit ansteigt, speziell bei den Mädchen. - Und nun wollen sie
zusätzlich noch eine Meningitis und die Malaria-Impfung einführen. Ebenfalls
inaktivierte Impfstoffe mit negativen Effekten. Das sind gefährliche Pläne. Bei der
Malaria-Impfung kommt noch dazu, dass die Impfung wahrscheinlich auch einen
negativen Effekt auf die Ausbildung einer natürlichen Immunität hat.
Was
ist denn dann gefährlicher, die Malaria Krankheit oder die Malaria Impfung?
Aaby:
Die Impfung ist
eindeutig gefährlicher. Die Studien zeigten bisher eine bescheidene Wirksamkeit von rund 50% -
doch gleichzeitig eine 10 bis 20% höhere Sterblichkeit in der Impfgruppe. Das
war zwar nicht signifikant, doch – wenn die Impfung vor Malaria
schützt – sollte man eigentlich annehmen, dass der Trend in die andere Richtung geht und das
Sterberisiko sinkt.
Wir wollten die Daten für beide Geschlechter haben, weil wir wissen, dass Mädchen von den unspezifischen Effekten auf das Immunsystem stärker betroffen sind. Doch wir bekamen sie nicht. Schließlich hat uns doch jemand diese Daten zugespielt. Und wir sahen, dass die Mädchen danach ein doppelt so hohes Sterberisiko hatten. Derzeit laufen neue Studien in Malawi, Kenia und Ghana.
Wir wollten die Daten für beide Geschlechter haben, weil wir wissen, dass Mädchen von den unspezifischen Effekten auf das Immunsystem stärker betroffen sind. Doch wir bekamen sie nicht. Schließlich hat uns doch jemand diese Daten zugespielt. Und wir sahen, dass die Mädchen danach ein doppelt so hohes Sterberisiko hatten. Derzeit laufen neue Studien in Malawi, Kenia und Ghana.
Was
denken Sie, ist die biologische Basis dieser unspezifischen Effekte: handelt es
sich um immunologische Abläufe, hormonelle Einflüsse oder ist das eine Reaktion auf
problematische Zusätze wie die Aluminium-haltigen Wirkverstärker?
Aaby:
Ich denke, dass es
sich dabei um eine immunologische Reaktion handelt. Das Immunsystem ist ein
lernendes System, es speichert Informationen über die gemachten Erfahrungen -
und daraus entwickeln sich immunologische Muster für künftige Infekte.
Einen
konkreten Hinweis liefert eine aktuelle holländische Studie mit
Medizinstudenten, die für einen Afrika-Aufenthalt eine Gelbfieber-Impfung
brauchten. Das ist eine Impfung, die lebende Viren enthält. Ein Teil der
Studenten bekam davor die BCG-Impfung gegen Tuberkulose, ebenfalls eine
Lebendimpfung mit Bakterien. Es zeigte sich, dass die BCG-Impfung die Art wie
das Immunsystem auf den nachfolgenden Kontakt mit den Gelbfieber-Viren reagiert, verändert. Das Immunsystem wurde aktiviert, die gemessene virale Ladung war signifikant geringer. Hier zeigt
sich der grundlegenden Mechanismus der unspezifischen Effekte.
Bei
Lebendimpfungen hat es das Immunsystem mit normalen Viren oder Bakterien zu
tun. Bei inaktivierten Impfstoffen wird die Reaktion erzwungen über die
Provokation mit chemischen Substanzen, die eine Art Schockreaktion auslösen.
Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Aaby:
Ja, in der Tat.
Eine holländische Gruppe hat kürzlich am Beispiel von drei Impfungen gezeigt,
dass inaktivierte Impfstoffe das Immunsystem zu einer Art falscher Toleranz
verleiten und rasche Reaktionen des angeborenen Immunsystems abschwächen.
Adjuvantien auf Basis von Aluminium oder anderer Verbindungen sind
wahrscheinlich Teil dieses Prozesses. Dadurch dass es sich nicht um lebende
Organismen handelt, induzieren sie wahrscheinlich eine gänzlich andere
Vermittlung von Immungedächtnis. Diese Impfungen mögen vor den spezifischen
Krankheiten schützen, aber sie schwächen die Abwehrkraft gegen andere
nachfolgende Infekte.
Welchen
Abstand empfehlen Sie nach der letzten inaktivierten Impfung zur abschließenden
Lebendimpfung?
Aaby:
Normalerweise wird
ein Mindestabstand von vier Wochen empfohlen. Ich denke, dass sechs oder acht
Wochen besser wären, weil dann die Masernimpfung ihr volles Potenzial entfalten
kann.
Oft
hört man das Argument, dass Ihre Resultate in Afrika unter gänzlich anderen
Bedingungen erzielt wurden - und nicht auf Europa übertragbar sind.
Aaby:
Natürlich sind die
Effekte in Afrika stärker, weil dort die Kinder sterben. In Europa können die
meisten dieser fatalen tropischen Krankheiten – z.B. Durchfall oder Lungenentzündung
– adäquat medizinisch behandelt werden. Wir haben jedoch gezeigt, dass nahezu alle
Beobachtungen, die wir in Afrika gemacht haben, in den Einkommens starken
Ländern ebenso gelten. Wir zeigten in Dänemark, dass die MMR Impfung das Risiko
einer Einweisung ins Krankenhaus wegen einem Atemwegsinfekt signifikant
reduziert. Das ist ein klarer unspezifischer Benefit. Die US-Behörde CDC hat kürzlich unsere These ebenfalls getestet und der Effekt in den USA ist sogar
noch deutlich stärker: Nach einer Lebendvirus Impfung hatten die Kinder nur ein
halb so hohes Risiko auf eine Krankenhaus-Einweisung als nach einer
inaktivierten Impfung. Ähnliche Resultate gibt es aus Italien und Holland.
Der dänische Anthropologe Peter Aaby, 73, gründete vor 40 Jahren das "Bandim Health Center" in Guinea Bissau in Westafrika. Er veröffentlichte mit seinem Team Hunderte von Studien zu den Lebensbedingungen in einem Hochrisikoland. Er arbeitet in Kooperation mit dem Statens Serum Institut in Kopenhagen.
Peter Aaby (l.) im Gespräch mit Bert Ehgartner (Foto: Georg Brodegger) |
In Teil 2 des Interviews erklärt Peter Aaby seine Haltung zur Impfpflicht und bietet eine Wette an: Demnächst hier im Blog.
Bert Ehgartners Buch "Gute Impfung - Schlechte Impfung" erscheint im Verlag Ennsthaler und wird am 1. Oktober an den Buchhandel ausgeliefert. Es hat 420 Seiten und kostet 24,90 €.
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