Montag, 13. September 2010

"Relevanz der Borreliose-Impfung geht gegen Null"

Ob Tiere an Borreliose erkranken können, ist höchst ungewiss. Ebenso ungewiss ist demnach auch der Nutzen der Impfung für Hunde.

Pferde scheinen mit Borrelien kaum Probleme zu haben. Experimente mit künstlicher Infektion von Ponys hatten keinerlei Krankheits-Symptome zur Folge. Auch Katzen lassen die Bakterien scheinbar kalt. Obwohl bis zu einem Drittel der Tiere im Antikörper-Test positiv sind, also nachweislichen Kontakt mit Borrelien hatten, sind Erkrankungen bei Katzen in der Medizinliteratur nahezu unbekannt. Bei Hunden wurde in einigen Tierexperimenten gezeigt, dass es möglich ist, über die künstliche Infektion mit Borrelien Gelenksentzündungen auszulösen. Ob dies jedoch von praktischer Bedeutung ist, weiß niemand so genau, zumal in anderen Studien keinerlei gesundheitliche Folgen beobachtet wurden. Hunde in belasteten Gebieten haben zudem derart oft Zecken, dass Borrelien-Infektionen eher die Regel, denn die Ausnahme sind.

Eine der sorgfältigsten Arbeiten zu dieser Frage wurde kürzlich von Veterinären der Universität Zürich veröffentlicht. Die Tierärzte wollten prüfen, ob die bekannte Anfälligkeit von Berner Sennenhunden auf Nieren- und Gelenksprobleme etwas mit Borreliose zu tun haben könnte, zumal diese Tiere scheinbar wie Magneten auf Zecken wirken. Dafür wurden 160 dieser massigen Rassetiere mit 62 Kontrollhunden verglichen. Tatsächlich zeigte sich eine enorme Durchseuchung der Berner Sennenhunde mit Borreliose. Bei ihnen reagierten 58 Prozent positiv auf den Test gegenüber nur 15 Prozent in der Kontrollgruppe. Knapp drei Jahre später wurden die Tiere noch einmal untersucht. Elf der Sennenhunde hatten mittlerweile eine Nierenschwäche entwickelt, in der Vergleichsgruppe kein einziges. Mit dem Borreliose-Status hatte das jedoch ebenso wenig zu tun wie bei den Symptomen von Lahmheit. Die positiv getesteten Tiere hatten weder bei den Sennen–, noch bei den Kontrollhunden ein höheres Risiko. Es dürfte sich also, so der Schluss der Schweizer Veterinäre, um ein spezifisches Problem dieser hoch gezüchteten Rasse handeln.
Ob eine Impfung der Hunde gegen Borreliose sinnvoll ist, wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Von der österreichischen Tierärztekammer wird die Spritze, die rund 30 Euro kostet, zur Vorsorge gegen die „meist chronisch verlaufende Infektionskrankhiet, die schwer zu diagnostizieren ist“, wärmstens empfohlen: Zweimal zur Grund-Immunisierung und dann jährlich zur Auffrischung.
„Die Relevanz der Impfung geht gegen Null“, urteilt hingegen Michael Leschnik von der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. Dies liege zum einen daran, dass Borrelien des Types „burgdorferi“ zwar in den USA, wo die Impfung entwickelt wurde, weit verbreitet sind, in Europa komme diese Art aber gerade mal auf 10 Prozent. Den Rest der Infektionen teilen sich Borrelien der Typen „afzelii“ und „garinii“. „Dass die Impfung auch gegen diese Arten wirkt, ist eine Behauptung des Herstellers, für die bisher der Beweis nicht erbracht worden ist“, sagt Leschnik.
Wie diesen Bakterien wirksam zu begegnen ist, weiß das Immunsystem der Vögel, welches den „afzelii“-Typus sofort abtötet. Ähnlich verfahren Nagetiere mit „garinii“. Umgekehrt wird jedoch afzelii von den Nagern und garinii von den Vögeln sehr wohl toleriert. Weder erkranken sie, noch bekämpfen sie die Infektion. Und wenn sich Zecken an ihrem Blut bedienen, so bringen sie damit auch die Borrelien unters Volk. Mit welchem Ergebnis auch immer.


Tarnen und täuschen

Gerade ihre geringe Aggressivität hilft den Borrelien, der Immunabwehr – oft über Monate und Jahre – zu entkommen.


Foto: G. Stanek / Med. Univ. Wien

Borrelien gehören zur den Spirochäten, einer Gruppe schraubenförmiger, sich aktiv bewegender Bakterien, die für Menschen meist ungefährlich sind. Ausnahme sind eben die Borrelien, die neben der Lyme-Borreliose auch noch verschiedene Formen von Rückfallfieber auslösen können, sowie die nahe verwandte Gattung der Treponema, den Erregern der Syphilis.
Zecken übertragen die Borrelien aus ihren Reservoir-Wirten – etwa Ratten, Mäusen oder Vögeln – auf andere Lebewesen, und bilden damit ihr mit Abstand wichtigstes Verbreitungs-Vehikel. Insofern haben sich die Borrelien im Lauf der Evolution perfekt auf die Zecken eingestellt. Wenn eine Borrelien infizierte Maus von einer Zecke gestochen wird, so empfangen die Borrelien über den Speichel der Zecke ein Signal und bewegen sich in der Folge im Blutkreislauf der Maus aktiv auf die Einstichstelle zu, um sich von der Zecke aufsaugen zu lassen. Sie sind sozusagen ihr Tor zur Welt, der Zeckendarm ihr ideales Reservoir, in dem sie auch überwintern.
Wenn die Zecke einen neuen Wirt findet und sticht, so werden die Borrelien aktiviert. Sie strömen dauraufhin zu den Speicheldrüsen wo sie bestimmte Substanzen binden, die ihnen später helfen, aggressive Zellen des Immunsystem kurzzeitig abzuwehren. Derart gewappnet strömen sie über den Stichkanal der Zecke in ihren neuen Wirt.

Weil dieser Vorgang mehrere Stunden in Anspruch nimmt, ist der beste Schutz gegen eine Infektion die rechtzeitige Entfernung der Zecke. Wenn eine Zecke binnen acht Stunden entdeckt wird, ist die Gefahr einer Übertragung von Borrelien gering.

Borrelien sind normalerweise wenig aggressiv. Sie teilen sich extrem langsam und attackieren keine Organe, sondern verstecken sich lieber im Bindegewebe. Gerade in dieser unauffälligen Lebensweise liegt aber paradoxerweise auch ihre Gefahr. Denn wenn das Immunsystem nach Monaten oder Jahren doch auf sie aufmerksam wird, greift es das von den Borrelien besiedelte Areal großflächig an. Und das macht sich dann – je nachdem, wo sich die Borrelien versteckt hatten – bei den Betroffenen als akute Gelenksentzündung oder als Nervenlähmung bemerkbar.

Diese beiden Beiträge erschienen in der Ausgabe vom 23. August 2010 im Rahmen der Story "Der Borreliose Boom" im Nachrichtenmagazin profil.

1 Kommentar:

  1. Großartiger Beitrag, den ich in Kürze auf der Internetseite unseres Vereins

    Gesundheit und Impffreiheit für Tiere e.V.

    veröffentlichen werde. Gerade jetzt "boomt" das Geschäft mit der Angst vor der nächsten Borreliose.

    wwww.gesundheit-und-impffreiheit.de

    AntwortenLöschen