Bert Ehgartner live

Montag, 13. Dezember 2010

Soll ich mein Kind gegen Windpocken impfen? Teil 3

In Teil 1 und Teil 2 dieser Artikelserie bin ich auf die gravierenden gesundheitlichen Probleme eingegangen, welche die Einführung der Windpocken-Impfung mit sich bringt: Für die geimpften Kinder, für die Babys geimpfter Mütter und – mit dem erhöhten Gürtelrose-Risiko – auch für die Gesamtbevölkerung. 
Diesmal gehe ich der Frage nach, wie es möglich ist, dass wir sehenden Auges so eine Richtung einschlagen und einen Weg gehen, der künftige Generationen, weitgehend ohne Umkehrmöglichkeit in Geiselhaft nimmt. Die Antwort ist ebenso banal wie unwürdig für eine Gesellschaft, die sich ihrer hohen demokratischen Reife rühmt: Im Impfwesen scheinen  entscheidende Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens außer Kraft gesetzt. Die Behörden versagen in ihrer Kontroll-Funktion und eine Lobby von Impfexperten kann schalten und walten wie es ihr beliebt. 


Argument 5: Die Empfehlung für die allgemeine Windpocken-Impfung wurde nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern zum Wohl der Impfstoff-Industrie und auf Initiative einer mit ihr eng verbundenen Experten-Lobby beschlossen

Nach dem offiziellen deutschen Impfplan bekommen Babys in den ersten beiden Lebensjahren heute elf Impfungen, die vor insgesamt zwölf Krankheiten schützen sollen, darunter vier Dosen einer Sechsfach und zwei Dosen einer Vierfachimpfung. Im Vergleich zu den Achtziger Jahren hat sich die Anzahl der Impfungen damit mehr als verdoppelt.
Was auf den Impfplan kommt, bestimmen die Experten der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Berliner Robert Koch-Institut. Gerade in den letzten Jahren hat sich hier viel getan. Mit den Empfehlungen für die Windpocken-, Pneumokokken-, Meningokokken- und HPV-Impfung wurden gleich vier neue Produkte in den offiziellen Impfplan aufgenommen. Bis vor kurzem konnten die Krankenkassen selbst entscheiden, ob sie dafür die Kosten übernehmen. Seit einer Gesetzesänderung, die im Juli 2007 in Kraft trat, sind sie hingegen dazu verpflichtet: Was die STIKO empfiehlt und vom "Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA)" abgesegnet wird,  muss von den Kassen bezahlt werden.

Für die Hersteller sind Impfungen ein weitgehend risikoloses Geschäft. Im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln läuft hier der Patentschutz nicht ab. Es gibt deshalb keine billigen Nachahmer-Medikamente (Generika), die Preise können in beliebiger Höhe festgesetzt werden. Und wenn dann auch noch die Impfexperten mitspielen und eine Impfung allgemein empfehlen, so bricht überhaupt das Schlaraffenland für die Hersteller-Firmen aus: Durch die Massenimpfung eines ganzen Geburtsjahrganges ist für Absatz gesorgt, ohne dass die Marketing Abteilungen der Konzerne selbst noch aktiv werden müssten. Und seit für die moderneren Impfungen auch wesentlich höhere Preise gefordert und auch bezahlt werden, ist aus dem einstigen „Groscherlgeschäft“, das die Pharmaindustrie nebenher aus gutem Willen mitmachte, ein wirklicher finanzieller Hoffnungsmarkt geworden. Impfstoff-Hersteller gelten derzeit als lukrativste Sparte des gesamten Pharma-Marktes. Sogar die seltsamsten Konzepte wie eine Impfung gegen Karies, gegen Bluthochdruck oder gegen Alzheimer finden das Vertrauen der Investoren und an den Börsen gelten Startups mit derartigen Impfstoffen im Portfolio als Überflieger. Versprechen sie doch enorme Gewinnspannen, wenn es gelingt, sie auf den Markt zu bringen - vergleichbar höchstens mit neuartigen Arzneimitteln in der Krebs-Therapie.

Den Anstoß für den aktuellen Boom gab der US-Konzern Wyeth. Er stellte im Jahr 2001 mit „Prevenar“ seinen neuartigen Impfstoff gegen Pneumokokken vor und forderte dafür einen damals als vollständig verrückt angesehenen Preis von deutlich über 100 Euro. In der Folge kam es in vielen Ländern zu heftigen Debatten, ob dieser extrem teure Impfstoff von den Kassen bezahlt werden sollte oder nicht. „Dieser Impfstoff hätte die Kosten für die Kinderimpfungen mit einem Schlag verdoppelt“, erklärte mir der Mainzer Kinderarzt Heinz-Josef Schmitt, der damalige Langzeit-Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO).

Die STIKO ist eine vom Gesundheitsministerium eingerichtete unabhängige Experten-Kommission, deren Empfehlungen in den Deutschen Impfplan umgesetzt werden. Wegen der engen finanziellen Beziehungen zu den Impfstoff-Herstellern gerieten die Impfexperten in den letzten Jahren ins Kreuzfeuer heftiger Kritik. Allen voran ihr Chef. "H.J." Schmitt (Foto), wie er sich gerne in seinen Stellungnahmen und Beiträgen bezeichnet, hatte jahrelang hoch dotierte Forschungs-Aufträge von den Impfstoff-Herstellern angenommen. Auch in die Studien zur Pneumokokken-Impfung war er involviert. Dennoch durfte er nach dem Statut der STIKO die Fachfragen zur Impfung mit diskutieren. Lediglich bei der Abstimmung selbst musste er draußen vor der Tür warten. Schmitt machte mir gegenüber gar kein Hehl daraus, dass er heftig für die Empfehlung zur Pneumokokken-Impfung geworben hat: „Das hat ordentlich Hirnschmalz erfordert, bis das empfohlen wurde“, sprach er mir im Interview aufs Band. „Dafür haben wir sechs Jahre gebraucht.“

Ein Pharma-Lobbyist als Vorsitzender einer sich unabhängig gebenden Experten-Kommission ist schon mal eine der Eigenheiten, die im Impfbereich viele Jahre lang in Deutschland geduldet wurden. Fast jährlich kamen in Schmitts Ägide neue Impfungen auf den Plan: Neben Pneumokokken noch Meningokokken und Windpocken. Den Abschluss bildete schließlich die Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV). Mittlerweile hatten sich die Kassen an die enormen Beträge für neue Impfungen scheinbar bereits gewöhnt. Der HPV-Impfstoff Gardasil stellte mit einem Preis von 450 Euro für die Grund-Immunisierung noch einmal einen spektakulären neuen Rekord auf. Bereits 2007 sprang Gardasil mit einem Umsatz von 267 Millionen Euro auf Platz eins der umsatzstärksten Arzneimittel. Und das obwohl es erst im Lauf des ersten Halbjahres überhaupt auf den Markt gekommen ist. Schmitt hatte die Blitz-Zulassung in der STIKO vehement forciert.

Wie sicher diese Herren sich fühlten und wie selbstverständlich sie sich in voller Öffentlichkeit mit der Industrie ins Bett legten, zeigt eine kleine Episode, die wohl in keiner anderen Sparte der Wissenschaft möglich wäre - und im Wirtschaftsleben wohl strafrechtlich verfolgt würde. So hatte H.J. Schmitt keinerlei Bedenken, kurz bevor die Empfehlung der HPV-Impfung durch die STIKO amtlich wurde, noch mal rasch einen Preis "zur Förderung des Impfgedankens" anzunehmen, der mit einer Summe von 10.000 Euro dotiert war. Gestiftet wurde die Summe vom Gardasil-Hersteller Sanofi-Pasteur MSD.
Wolfgang Becker-Brüser, der Herausgeber des Industrie-unabhängigen „Arznei-Telegramm“ empörte sich:
„Wie kann man als öffentlich bestellter Gutachter einen Preis von einer Pharmafirma annehmen, über deren Produkte ich zu befinden habe? – Das sind doch öffentliche Bestechungen!“

Für H.J. Schmitt mögen die 10.000 Euro Preisgeld im Vergleich zu seinen sonstigen Einkünften eine vergleichsweise lächerliche Summe gewesen sein, die Optik war dennoch verheerend. Diese Episode charakterisiert die Selbstwahrnehmung der Impfbranche aber hervorragend: Eine Clique von Experten in der Grauzone undurchsichtiger finanzieller Geflechte findet nicht das geringste dabei, sich gegenseitig in der Öffentlichkeit mit Industriegeldern zu beschenken: weil sie den Impfgedanken – auf Kosten der Beitragszahler – so schön fördern. Ein derartiger Mangel an Unrechtsbewusstsein zeigt, dass hier jahrelang wenig öffentliche Kritik und so gut wie gar keine Kontrolle von Seiten der zuständigen Behörden ausgeübt wurde.

Im Herbst desselben Jahres als Schmitt seinen Preis annahm und den Impfstoff-Herstellern mit dem Blanko-Abonnement der HPV Impfstoffe noch auf Jahre hin Milliarden Euro an Umsatz sicherte, dankte er plötzlich als Mainzer Professor und auch als STIKO-Vorsitzender ab und wechselte zur Gänze auf die Seite der Impfstoff-Hersteller. Schmitt ist heute Vorstand für „Global Medical Affairs“ bei Novartis Behring.

Doch auch nach Schmitts Abgang hat die Mehrzahl der STIKO-Mitglieder vielfältige Beziehungen zur Industrie. Nur fünf von 16 Mitgliedern des im Infektionsschutzgesetz verankerten „unabhängigen Gremiums“ zur Beratung des Ministeriums in Impffragen sind heute ganz oder weitgehend frei von finanziellen Verbindungen zu den Herstellern der Impfstoffe. Dabei entscheiden die Empfehlungen der STIKO darüber, welche Impfungen von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden.

Wie sich derartige Interessenskonflikte in der gesundheitspolitischen Praxis auswirken können, schilderte mir einmal "off the records" ein hoher Beamter des österreichischen Gesundheitsministeriums, der mit den Vertretern einer US-Pharmafirma über die mögliche Kostenübernahme durch die Steuerzahler beriet. Bei den Verhandlungen waren auch einige - angeblich unabhängige - Impfexperten anwesend. "Die Stimmung war aufgeheizt und wurde immer aggressiver", erzählte mir der Beamte, "weil die Amerikaner unbedingt die Kostenübernahme durch die Krankenkassen durchsetzen wollten." Es wurde sogar mit einer öffentlichen Kampagne gedroht, welche die damalige Gesundheitsministerin als Schuldige am Tod von hunderten von Kindern hinstellen sollte. "Und das schlimmste dabei war, dass unsere Impfexperten sich noch ärger gebärdeten als die Amerikaner." Man habe absolut keinen Unterschied bemerkt, sagte der Beamte, wer nun Angestellter der Pharmafirma und wer ein angeblich unabhängiger Experte war.

In den Selbstauskünften der STIKO Mitglieder, die auf der Webseite des Robert Koch Institutes veröffentlicht wurde, findet sich häufig die Angabe, dass „Vorträge zu Impfthemen ohne Produktbezug“ gehalten werden, dessen „Honorare zum Teil durch Impfstoffhersteller (re)finanziert“ wurden. Das klingt zunächst relativ unverdächtig. In der Praxis verbergen sich hinter solchen Formulierungen jedoch häufig Auftritte auf Pharma-Werbeveranstaltungen. Ein typisches Beispiel ist etwa der Auftritt des Münsterer Stiko-Mitglieds Klaus Wahle auf einer Veranstaltung von Sanofi Pasteur MSD, dem Hersteller des Impfstoffes „Zostavax“ gegen Herpes Zoster (Gürtelrose). Nach einem Bericht der Ärzte-Zeitung zu dieser Veranstaltung trat Professor Wahle vehement dafür ein, Impfungen wie diese in den „gedeckelten Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen“. Denn „die Zoster-Impfung ergänzt die jährliche Influenza-Impfung und die alle sechs Jahre empfohlene Pneumokokken-Impfung in idealer Weise und sollte deswegen zügig als Standardimpfung empfohlen werden.“
Das Robert Koch Institut macht keine Angaben über die Höhe der so erzielten Nebeneinkünfte. Honorare im deutlich vierstelligen Bereich sind jedoch für solche Auftritte durchaus marktkonform. Als kleine Ergänzung zum mageren Professorengehalt.
Auch der stellvertretende Vorsitzende der STIKO, Ulrich Heininger, hat von allen großen Impfstoffherstellern Vortragshonorare erhalten, für die Firmen als Berater fungiert und Einladungen zum Besuch wissenschaftlicher Treffen angenommen.

Fred Zepp (Foto), der ebenso wie Schmitt von der Uni Mainz stammt, hat ein ganzes Paket von Nebentätigkeiten für die Industrie. Er veröffentlichte Studien gemeinsam mit Angestellten von Pharmafirmen und hält auf wissenschaftlichen Veranstaltungen entsprechende Vorträge – etwa im Juni 2008 bei einem Kongress in Kuala Lumpur, wo er die Vorteile des Impfstoffes Cervarix des Konzerns GlaxoSmithKline (GSK) anpries. Die Veranstaltung wurde von GSK bezahlt, jenem Konzern, der auch zwei der drei Windpocken-Impfstoffe erzeugt. Der zweite Vorsitzende neben Zepp erwies sich im Hauptberuf gar als GSK-Angestellter und Produktmanager von Cervarix.
Wie sollen solche Personen fähig sein, eine von ihren eigenen finanziellen Verflechtungen unabhängige Expertise in die STIKO einzubringen? Als ich Fred Zepp auf diese Interessenskonflikte ansprach, entgegnete er mir unwirsch:
„Wenn Ihnen das nicht passt, so müssen Sie die STIKO eben mit Hausfrauen besetzen.“
Ein Argument, das wohl aussagen soll, dass die Wissenschaft vom Impfen so überaus kompliziert ist, dass nur Menschen mit engen Beziehungen zur Industrie überhaupt in der Lage sind, das zu verstehen.

Die weitgehend unkritische Nähe zur Industrie ist aber nicht nur ein Merkmal der Deutschen Impfexperten-Szene. Der Vorsitzende des österreichischen Impfausschusses im Obersten Sanitätsrat, Ingomar Mutz, ist sich beispielsweise nicht zu blöd dafür, gleichzeitig als ehrenamtlich tätiger Präsident des Österreichischen Grünen Kreuzes zu fungieren, eines Lobby-Vereines für Impfstoff-PR. Claire Anne Siegrist wiederum, die Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Impffragen steht auf der Honorarliste fast aller großen Impfstoff-Hersteller.
Ähnlich verhält es sich in nahezu allen anderen Ländern. Nirgendwo ist es gelungen, ein halbwegs sauberes, der Bevölkerung und nicht den Interessen der Pharmaindustrie verpflichtetes, Beratungswesen aufzubauen. Und auch für die internationalen Organisationen gilt dasselbe. Die Welt-Gesundheitsorganisation ist ebenso gesättigt mit Lobbyisten wie die Gesundheitsbehörden der USA oder die Europäische Arzneimittel-Zulassungsbehörde EMEA. Hier ergibt sich der Zugriff der Industrie allein schon aus der Tatsache, dass die „unabhängige“ Behörde dem Industrie-Kommissariat untersteht und deren Budget zu einem wesentlichen Teil von den Beiträgen der Pharmaindustrie finanziert wird.

Die Empfehlung zur Windpocken-Impfung erfolgte in Deutschland kurz vor der Zulassung des GSK-Produktes Priorix-Tetra eines Vierfach-Impfstoffes, der neben Masern-Mumps und Röteln nun auch die Windpocken-Komponente enthielt. Zuvor waren, wie schon bei der Einführung der Windpocken-Impfung in den USA, einige Kosten-Nutzen-Analysen erstellt, welche allesamt zeigten, dass sich die Öffentlichkeit Geld erspart, wenn die Windpocken-Impfung allgemein als Kinderimpfung eingesetzt wird. Fast alle dieser Studien waren von den Herstellern bezahlt. Umstrittene und teils manipulierte Daten wurden als Basis verwendet, negative Umstände - wie die zu erwartende Kostenexplosion bei der Behandlung von Gürtelrose - hingegen einfach ignoriert. Und solche Studien wurden dann - ohne jegliches Schamgefühl – von der STIKO in ihrer Begründung für die Einführung der Impfempfehlung genannt.

Sowohl in der Ärzteschaft als auch bei den Krankenkassen gab es zunächst wenig Verständnis für diesen Schritt. Waren die Krankenkassen bislang immer dem Expertenrat der STIKO gefolgt, erging bereits eine Woche später eine offizielle Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, worin die wissenschaftliche Basis der Entscheidung angezweifelt wurde. Weder die von der STIKO angegebenen Studiendaten noch die Erkenntnisse zu Komplikationsraten wären nachvollziehbar. Die vorhandenen Mittel sollten lieber verstärkt in die Ausrottung der Masern investiert werden, als eine neue Impfstrategie mit fragwürdigem Ausgang loszutreten. In 95 Prozent der Fälle verliefe die Krankheit völlig komplikationsfrei, so ihre Argumentation. Erst durch die Impfung stiege die Gefahr, dass die Windpocken zu einer schweren Krankheit gemacht werden.
Andere Kritiker, wie der Herausgeber des unabhängigen arznei-telegramms Wolfgang Becker-Brüser, warfen der STIKO eine allzu große Nähe zur Pharmaindustrie vor. Man habe häufig den Eindruck, so Becker-Brüser, dass hier eher die Rechte der Produzenten als jene der Geimpften gewahrt würden. „Mit diesen immer weiter ausufernden Empfehlungen tun die Behörden dem Impfgedanken sicher keinen Gefallen.“
Der Münchner Kinderarzt Martin Hirte warnte ebenfalls eindringlich vor diesem „unkontrollierten Menschenversuch“. Es wäre ein Irrtum, dass jede verhinderte Krankheit automatisch ein Gewinn ist. „Denn möglicherweise haben Infekte wie die Windpocken einen positiven Einfluss auf Krebs oder andere Krankheiten im späteren Leben“, sagte Hirte. „Man sollte das jedenfalls gründlich untersuchen, bevor man hier einen Sachzwang schafft, der nicht mehr umkehrbar ist.“
Ex-STIKO-Vorsitzender H.J. Schmitt verstand die Aufregung über die Entscheidung nicht im Geringsten. „Der wichtigste Grund für die generelle Windpockenempfehlung war, dass jährlich 750.000 Krankheitsfälle vermieden werden können“, erklärte er. „Jedes Kind profitiert individuell von der Windpockenimpfung, weil es nicht krank wird.“

Ebenso wie Schmitt bemühte auch der Wiener Impfexperte Wolfgang Maurer das bekannte Argument, dass jede vermiedene Krankheit schon an sich ein Gewinn ist. „Die Komplikationsrate bei Windpocken liegt bei 1 zu 4.000“, sagte Maurer. „Es ist einfach unfair, wenn man den Kindern unnötiges Leid nicht erspart.“

Der Münchner Epidemiologe und STIKO-Experte Rüdiger von Kries (Foto), gab auf meine Fragen gleich unumwunden zu, dass das Kombi-Präparat von GSK einer der Anlässe für die STIKO-Empfehlung war:
"Ich war lange gegenüber der Windpockenimpfung skeptisch. Muss man wirklich gegen Varizellen impfen? Die Varizellen Impfung macht in erster Linie das Leben einfacher – schwere Morbidität und Mortalität sind selten. Man wird darauf achten müssen, hohe Durchimpfungsraten zu erzielen um eine ausreichende Herdenimmunität zu erreichen. Das ist nur möglich, wenn es einen Kombi-Impfstoff gibt. Der ist jetzt am Markt. Und jetzt kann man sagen: why not? – Windpocken machen keinen Spass und manchmal auch noch lebensgefährliche Komplikationen. Punkt. Dass man zweimal impfen muss, ja so ist das Leben. Vielleicht wird man auch mal dreimal impfen müssen. Nichts ist umsonst."

Es lohnt sich genauer nachzusehen, wo die von den Experten zitierten hohen Risiken der Windpocken plötzlich her kommen. Zuvor hatte die STIKO ja mehr als zehn Jahre lang keinen Grund gesehen, dem Beispiel der USA zu folgen. Den Ausschlag gab demnach eine neue Studie, die zu dem Ergebnis kam, dass in Deutschland jährlich rund 5.700 schwere Komplikationen, darunter etwa 22 Todesfälle als Folge der Windpocken auftreten. Diese Zahlen liegen bei Weitem über dem, was bislang über die Gefährlichkeit der Windpocken bekannt war.
Doch wie kam die Studie zustande? Dafür wurde eine Telefonumfrage unter Ärzten durchgeführt. Von 3.500 angerufenen Ärzten erklärten sich 300 für ein Gespräch bereit. Sie wurden gebeten, aus ihrer Kartei einen beliebigen Patienten herauszufiltern, der unter Windpocken litt. "Nun verfügt kaum ein Arzt über ein Computersystem, bei dem er nach schlichtem Zufallsprinzip einen beliebigen Patienten herausfiltern kann, der unter Windpocken litt“, erklärte Medizinjournalist Michael Houben in einer WDR-Reportage den grundlegenden Fehler dieses Ansatzes. „Die Ärzte stehen in solch einem Fall normalerweise vor einer großen Kartei und versuchen sich zu erinnern, welcher Patient wegen Windpocken behandelt wurde. Logisch, dass vor allem schwere Fälle namentlich im Gedächtnis bleiben.“ Deren Komplikationsrate wurde von den Statistikern dann auf die Bevölkerung hochgerechnet. Eine Methodik, die nach den Kriterien der Evidenz-basierten Medizin als vollständig unseriös gilt.
Vielsagend ist ein Blick auf die Studienautoren. Darunter sind Mitarbeiter des Baseler Unternehmens Outcomes International, das auf seiner Homepage Folgendes als „Mission“ der Firma angibt:
„Wir unterstützen unsere Kunden der Pharma-, Biotech- und Medizingeräteindustrie in der Kommerzialisierung und Markteinführung ihrer Produkte.“
Demnach dürfte der Auftraggeber und Financier der Studie ja zufrieden gewesen sein. Es handelte sich um das Unternehmen GlaxoSmithKline (GSK), das kurz nach Erscheinen der Studie mit Priorix-Tetra als weltexklusive Deutschlandpremiere einen Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken auf den Markt brachte.

Doch die Mission der Windpocken-Impfer ist noch nicht zu Ende. Gibt es doch immer noch Widerstands-Nester, die am alten über Jahrzehnte bewährten Impf-Schema festhalten: Nämlich nur jene Kinder und Jugendlichen im Alter ab neun Jahren zu impfen, welche die Krankheit bis dahin nicht auf natürlichem Wege durchgemacht haben. Ein derartiges Widerstandsnest in Europa ist beispielsweise die Schweiz.
Doch auch hier sind die Profis von "Outcomes International" im Auftrag von GSK wieder aktiv: Etwa mit einer aktuellen Berechnung, dass die Einführung der allgemeinen Windpocken-Impfung selbstverständlich auch für das Schweizer Gesundheitssystem Ersparungen bringen würde, "...auch wenn diese seit den Empfehlungen für ein Schema mit zwei Impfungen zur Grundimmunisierung nicht mehr ganz so eindrucksvoll ausfallen".
Wie wenig sich im Verhaltens-Codex der "unabhängigen" Impfexperten bezüglich ihrer finanziellen Beziehungen mit der Industrie geändert hat zeigt ein Blick auf die Autoren dieser Studie: Selbstverständlich ist auch diesmal wieder die STIKO im Boot. Und zwar in Person des stellvertretenden Vorsitzenden Ulrich Heininger, der keine Bedenken hatte, gemeinsam mit den Angestellten des Pharmaservice-Unternehmens als Studienautor aufzutreten.

Fazit: Es ist höchste Zeit, dass auch auf das Impfwesen Grundprinzipien wissenschaftlichen Arbeitens angewendet werden. Es kann nicht länger einer verschworenen Lobby von Impfexperten überlassen bleiben, Impfkampagnen für eine ganze Bevölkerung quasi aus dem Handgelenk zu schüttteln. Ohne systematische Aufarbeitung der vorhandenen Evidenz, ohne HTA, ohne gut organisiertes und unabhängig finanziertes Monitoring der Ergebnisse. 
So wie es derzeit aussieht, ist die allgemeine Windpocken-Impfung eine krasse Fehlentscheidung und muss so rasch wie möglich zurück genommen werden!
Andernfalls laufen wir Gefahr, dass sich das bisherige Erscheinungsbild der Windpocken als weitgehend harmlose Kinderkrankheit drastisch verändert und daraus eine schwere - für manche Altersgruppen - lebensgefährliche Krankheit wird - und nur jene davon profitieren, die hier Impfstoffe verkaufen oder mit ihren Expertisen dabei mithelfen.


Foto-Credits: sueddeutsche zeitung (H.J. Schmitt), helles-koepfchen.de (F. Zepp), Impfbrief.de (R.v. Kries)

Montag, 6. Dezember 2010

Soll ich mein Kind gegen Windpocken impfen? Teil 2

Im ersten Teil meines Artikels habe ich mich mit der Bedeutung der Windpocken für die Entwicklung des kindlichen Immunsystems, dem schwächeren Nestschutz der Babys geimpfter Mütter, die zunehmende Gefahr von Windpocken-Infektionen in der Schwangerschaft, sowie dem unsicheren Langzeit-Schutz der Windpocken-Impfung befasst. Hier widme ich mich nun einem Phänomen, an das bei Einführung der Impfung überhaupt niemand gedacht hat: Dass Erwachsene nämlich vom Kontakt mit Viren-schleudernden Kindern profitieren - und ohne diesen Kontakt leichter an der gefährlichen Gürtelrose erkranken.

Windpocken-kranke Kinder wirken auf Erwachsene wie eine Auffrischungs-Impfung. (Foto: Ehgartner)

Argument 4: Die Windpocken-Impfung erhöht das Risiko für ernsthafte Gürtelrose-Erkrankungen

Windpocken werden vom Varizella-Zoster-Virus aus der Familie der Herpesviren verursacht. Wenn die Windpocken überstanden sind, verbleiben die Viren ein ganzes Leben lang in unserem Organismus. Sie verkriechen sich über die Nervenbahnen und „schlafen“ in den Nervenknoten des Rückenmarks sowie der Hirnnerven. (Das haben sie übrigens mit den Herpes-Simplex-Viren, einem anderen Vertreter dieser Familie gemein. Wenn diese Herpesviren aus ihrem Dämmerzustand in den Nervenknoten aufwachen und aktiv werden, merken wir das beispielsweise an Fieberbläschen auf den Lippen.)
Windpockenviren haben normalerweise einen recht ausdauernden Schlaf und werden bei den meisten Menschen zeitlebens nie wieder aktiv. Falls aber doch, ist das Ergebnis wesentlich ernster als bei den lästigen, aber ansonsten nicht weiter gefährlichen Fieberbläschen: die Betroffenen erkranken dann nämlich an Gürtelrose (Herpes Zoster). Symptome sind Brennen und teils starke Schmerzen in jenem Hautareal, das durch den betroffenen Nervenstrang versorgt wird. Schließlich bilden sich Bläschen, die mit einer infektiösen Flüssigkeit gefüllt sind. Nun sind Gürtelrosepatienten ansteckend und der kranke Opa könnte beispielsweise das Enkelkind infizieren. Allerdings nicht mit Gürtelrose selbst, sondern mit Windpocken. Gürtelrose selbst ist nicht übertragbar.

In dieser Eigenheit der Windpocken-Viren liegt übrigens auch die Ursache, warum es hier - im Gegensatz etwa zu den Masern-Viren - vollständig unmöglich ist, diese Viren jemals auszurotten. Denn auch bei Geimpften setzen sich die dabei verwendeten Lebendviren in den Nerven fest.
Ob die abgeschwächten Viren aus der Impfung später auch eine schwächere Form der Gürtelrose auslösen, ist eine Frage, die derzeit noch schwer zu beantworten ist. Dazu gibt es bislang noch keine Studien, weil diese Effekte sehr langfristig wirken, die Kinder sehr früh geimpft werden und die Gürtelrose vorwiegend im höheren Lebensalter auftritt.

Dass jedenfalls auch Geimpfte an Gürtelrose erkranken können, weiß man jedoch bereits. Ein Team der Columbia University beobachtete Personen, die zu den ersten Windpocken-Impflingen in den USA zählten, über einen Zeitraum von zehn bis 26 Jahren auf das Auftreten von Gürtelrose. Tatsächlich erwies sich das Krankheitsrisiko bisher als gleich groß als in der Normal-Bevölkerung, die noch die normalen Windpocken durchgemacht haben.

Gürtelrose (Foto: Wikipedia Commons/Fisle) tritt oft im Bereich der Körpermitte, eben entlang des Gürtels, auf, kann aber auch viele andere Regionen befallen. Wenn Gesichtsnerven betroffen sind, kann es bei dieser schwer zu behandelnden Krankheit zu Lähmungen der Muskulatur oder Schädigungen der Sehkraft kommen. Lebensbedrohlich wird Gürtelrose, wenn das gesamte Nervensystem vom Wiederausbruch der Viren erfasst wird. Diese Sonderform tritt jedoch nur bei stark immungeschwächten Menschen auf. Relativ häufig sind demgegenüber Nervenschäden – sogenannte Post-Zoster-Neuralgien – die nach überstandener und ausgeheilter Gürtelrose bestehen bleiben. Die damit verbundenen Schmerzen können lebenslang andauern und so schwer sein, dass sie die Lebensqualität der Betroffenen ruinieren und manche von ihnen sogar in den Selbstmord treiben.

Bei Windpocken tritt nun das interessante Phänomen auf, dass der Kontakt mit kranken Kindern die „schlafenden“ Viren der Erwachsenen in Schach hält und diese damit vor Gürtelrose schützt. Eine englische Untersuchung konnte diesen Zusammenhang konkret messen. Die Wissenschaftler sammelten aus ärztlichen Praxen in London 244 Fälle von Gürtelrose und suchten dann für jeden gefundenen Patienten zwei Kontrollpersonen ohne Gürtelrose, dafür aber gleich alt und mit selbem Geschlecht. In der Folge wurden nun alle Studienteilnehmer genau darüber befragt, wie viel Umgang sie während der letzten zehn Jahre mit Kindern und speziell mit windpockenkranken Kindern hatten. In der Auswertung zeigte sich, dass gelegentlicher Kontakt mit frischen Viren das Gürtelroserisiko der Erwachsenen auf ein Fünftel reduzierte. Die Autoren warnen deshalb im Schlussabsatz ihrer Arbeit auch vor den Folgen, die eine Vermeidung der Windpocken für die Erwachsenen haben könnte: „Wenn die Krankheit bei Kindern durch die Einführung einer Windpockenimpfung reduziert wird, so könnte das zu einem Ansteigen der Gürtelrosefälle bei den Erwachsenen führen.“

Wie stark dieser Anstieg ausfallen könnte, zeigt die Studie eines Teams des "Überwachungszentrums für übertragbare Krankheiten" in London. Zunächst untersuchten sie, ob es beim Gürtelrose-Risiko einen Unterschied macht, wenn Erwachsene gleichen Alters im Haushalt zusammen mit Kindern leben. Dabei zeigte sich, dass der über die Kinder vermittelte Kontakt mit Windpocken-Viren die Häufigkeit von Gürtelrose um signifikante 25 Prozent reduziert. Diesen Wert nahmen die Briten nun als Basis für eine mathematische Modellrechnung. Und das Resultat sollte eigentlich alle Alarmglocken schallen lassen. Die Londoner Wissenschaftler schreiben nämlich:
Die Massen-Impfung gegen Windpocken wird eine größere Epidemie von Herpes zoster (Gürtelrose) verursachen. Mehr als 50 Prozent jener Menschen, die zum Zeitpunkt der Einführung der Impfung zehn bis 44 Jahre alt waren, werden von der Krankheit betroffen sein. 

Die Hälfte der Bevölkerung Gürtelrose-krank? Das wäre ein wirkliches Alptraum-Szenario. Doch die Beobachtungen in den USA zeigen bereits, dass die britische Berechnung durchaus zutreffen könnte.
In den USA werden die Kinder bereits seit Mitte der 90er Jahre gegen Windpocken geimpft. Und weil dort die Regel „no vaccination – no school“ („ohne Impfung kein Schulbesuch“) gilt, liegt die Impfrate der Kinder bei über 80 Prozent.
Wissenschaftler der Universität Harvard in Boston untersuchten nun den Verlauf der beiden Krankheiten in der jüngsten Vergangenheit. Dabei zeigte sich eine beunruhigende Entwicklung, die sich in den kommenden Jahren noch verschärfen könnte. Während die Windpocken im Zeitraum von 1998 bis 2003 nämlich von 16,5 jährlichen Fällen pro 1.000 Personen auf 3,5 Fälle zurückgingen, verdoppelte sich die Häufigkeit der Gürtelrose nahezu und stieg innerhalb dieser fünf Jahre von 2,8 Fällen auf 5,3 Fälle an. Damit gibt es jetzt in den USA schon deutlich mehr Fälle von Gürtelrose als von Windpocken. Am stärksten betroffen sind Menschen über 65 Jahren. Die höchste Steigerungsrate zeigte sich jedoch überraschenderweise bei jüngeren Erwachsenen in der Altersgruppe von 25 bis 44 Jahren. Hier stieg das Risiko, an Gürtelrose zu erkranken, um satte 161 Prozent an.

Wir dramatisch sich diese Zunahme auswirkt, belegt eine aktuelle Studie eines Teams der University of Michigan in Ann Arbor. Sie zeigte, dass es ab der allgemeinen Einführung der Windpocken-Impfung fünf Jahre dauerte, bis sich der erste Aufwärtstrend bei Gürtelrose bemerkbar machte. Seither aber geht es rasant aufwärts. Parallel dazu stiegen die Kosten für die Therapie der Gürtelrose. Im Jahr 2004 lagen sie bereits um 700 Mio. US Dollar über dem bisherigen Aufwand.
Dies ist umso bemerkenswerter, als die Einführung der Windpocken-Impfung ursprünglich gar nicht so sehr mit den mit Windpocken verbundenen Gesundheits-Gefahren begründet wurde, sondern vor allem mit der Ersparnis für die Volkswirtschaft. Wenn die Kinder nicht mehr erkranken, müssen die Eltern weniger Pflegetage nehmen und allein dieser Effekt mache die Impfung schon rentabel, hieß es in den ökonomischen Berechnungen.
Leider wurde dabei auf die Kosten vergessen, welche nun der Anstieg bei Gürtelrose verursacht. Und so klingt das Resumee der Studienautoren aus Michigan denn auch diesbezüglich recht ernüchternd:
"Die Windpocken-Impfung hat dazu geführt, dass die Kosten für die Behandlung der Windpocken von 1993 bis 2004 signifikant gesunken sind. Diese Ersparnis war jedoch geringer als der gleichzeitige Anstieg der Behandlungskosten für Gürtelrose."

Die Impfstoff-Hersteller reagierten rasch und brachten kürzlich auch eine Gürtelrose-Impfung auf den Mark. Sie imitiert den Kontakt mit Windpocken-kranken Kindern und enthält – wegen des schwächeren Immunsystems älterer Menschen – die Windpockenviren in 14-fach höherer Dosis als in der Kinderimpfung. Dieser pharmazeutische Schutz vor Gürtelrose kostet rund 200 Euro und ist seit 2006 in Europa zugelassen. Wegen der enormen Kosten, welche die Gürtelrose für die Gesundheitssysteme verursacht, gibt es nun bereits Studien, welche den ökonomischen Nutzen einer staatlich bezahlten Herpes Zoster Impfung für alle Personen ab einem Alter von 65 Jahren bestätigen. Speziell natürlich in jenen Ländern, wo zuvor mit der allgemeinen Varizellen-Impfung die Windpocken bei den Kindern bekämpft worden ist.
Insgesamt ist das Phänomen Windpocken somit ein gutes Beispiel, wie aus einer einst harmlosen Kinderkrankheit – wenn sie von der Pharmaindustrie und ihren Helfershelfern ordentlich unter die Fittiche genommen wird – ein höchst profitables Gesundheitsproblem für die gesamte Gesellschaft erzeugt werden kann.

Fazit: Die Einführung der Windpocken-Impfung hat in den USA zu einem vermehrten Auftreten von Gürtelrose geführt, einer Krankheit die schwer behandelbar ist und starke Schmerzen verursachen kann. Die Kosten für die Behandlung der Gürtelrose haben derart zugenommen, dass damit alle Einsparungen bei der Behandlung der Windpocken wieder zunichte gemacht sind.

Lesen Sie hier weiter mit Teil 3. Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, würden 
wir uns über einen kleinen Beitrag zu unserer Arbeit sehr freuen. 

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Soll ich mein Kind gegen Windpocken impfen? Teil 1

Im Jahr 2004 empfahl die deutsche Impfkommission STIKO völlig überraschend und als erstes Land Europas die allgemeine Windpocken (Varizellen) Impfung der Kinder – nach dem Vorbild der USA – im Alter ab elf Monaten. 
Österreich ist diesem Beispiel kürzlich gefolgt. Im Impfplan für 2010 ist erstmals auch die frühe Windpocken-Impfung aller Kinder eingetragen – und zwar bereits ab einem Alter von neun Monaten, jedenfalls aber "vor dem Eintritt in Gemeinschafts-Einrichtungen". 
In der Schweiz gilt hingegen nach wie vor die alte Empfehlung, nur jene Jugendlichen und Erwachsenen zu impfen, welche die Windpocken nicht auf natürlichem Wege durchgemacht haben.
Der Druck, den Deutsch-Amerikanischen Weg bei der Bekämpfung der Windpocken einzuschlagen wird in der gesamten EU immer stärker. Mittlerweile sind bereits zwei Einzel- und ein Kombinations-Impfstoff gegen Windpocken am Markt. Die Mahnungen der Experten, die Kinder möglichst früh gegen diese überwiegend harmlos verlaufende Infektionskrankheit zu impfen, werden immer dringlicher. Als Grund wird angeführt, dass es in seltenen Fällen doch zu Komplikationen kommen kann, mit der Impfung Pflegetage bei berufstätigen Eltern reduziert werden und grundsätzlich jede vermiedene Krankheit der Gesundheit der Kinder nützt. Viele Eltern, aber auch zahlreiche Ärzte, fühlen sich nicht ausreichend informiert und wissen nicht, welchen Empfehlungen sie nun folgen sollen: Was spricht für – und was gegen die Windpocken Impfung?
Ich habe mich intensiv mit dieser Thematik befasst und möchte hier meine Argumente zur Diskussion stellen. 



Argument 1: Die Windpocken sind ein Trainingscamp für das reifende Immunsystem

Unser Immunsystem besteht aus zwei großen Teilen: dem angeborenen und dem erworbenen. Während das angeborene fix und fertig zur Verfügung steht und vor allem während der ersten Lebensmonate unentbehrlich ist, wächst die Bedeutung des erworbenen mit den im Lauf der Zeit erlernten Kompetenzen. Neben unserem Bewusstsein ist das Immunsystem unser zweites lernendes Ich. So individuell sich die Erfahrungen eines Menschen als spezielle Nerven-Netzwerke im Gehirn manifestieren, so tun sie das auch auf der Ebene unserer Immunabwehr.
Bereits während der Geburt beginnt das Immunsystem mit seiner Arbeit und hört damit - wenn wir Glück haben - ein ganzes Leben nicht mehr auf. Die wichtigsten Lerneffekte treten aber naturgemäß in den ersten Lebensjahren eines Kindes auf, wenn die Eindrücke frisch sind und das Immunsystem alle häufigen Viren und Bakterien der Umgebung kennen lernt.

Im Verlauf von Infekten erwirbt das Immunsystem schrittweise seine Kompetenzen. Dazu gehört die Interaktion von Immun- und Nervensystem, etwa bei der Regelung von Fieber, das Einleiten und Abstellen von Entzündungsprozessen, die molekulare Unterscheidung zwischen fremden und körpereigenen Proteinen,  die Beurteilung eines fremden Eiweißes als gefährlich oder ungefährlich und viele andere derartige Fähigkeiten, deren komplexe Abläufe die Wissenschaft derzeit gerade mal im Ansatz zu begreifen beginnt.
Wenn sich das Immunsystem ungestört entwickeln kann, gewinnen wir einen kompetenten Lebensbegleiter, der bis ins hohe Alter vor Infektionskrankheiten schützt. Eine zweite, wahrscheinlich noch wichtigere Funktion erfüllt das Immunsystem, wenn es während unseres Schlafes zu Höchstform aufläuft. Dabei unterzieht es den Organismus einem  regelmäßigen Service, bei dem kranke und krebsartig-wuchernde Zellen rechtzeitig entdeckt und gestoppt werden.
Das Immunsystem ist jedoch nicht nur ein Schutzengel des Menschen, es kann sich auch gegen den eigenen Organismus wenden und zum unberechenbaren Apparat werden, der das Leben zur Hölle macht: Wenn es etwa harmlose Blütenpollen für gefährliche Eindringlinge hält und über Entzündungen schwere Asthma-Schübe auslöst oder wenn es körpereigene Proteine nicht erkennt, die eigenen Darm- oder Nervenzellen attackiert und schwere irreparable Schäden anrichtet. Wo die Lernprozesse und der Reifungsprozess des Immunsystems nicht gelingen, drohen chronische Allergien und Autoimmun-Krankheiten.

Windpocken ist nun eine der typischen viralen Krankheiten, die bei praktisch allen Kindern ausbrechen und dem Immunsystem ein Trainingscamp bieten. Manche Mediziner argumentieren, dass jede vermiedene Krankheit prinzipiell schon einen Gewinn für die Menschen darstellt. Andere betonen, dass es die meist harmlos ablaufenden Kinderkrankheiten braucht, um die Reifung des Immunsystems zu sichern – und das erscheint mir wesentlich wahrscheinlicher.
Extreme Belege liefert hierfür der Tierversuch: Wenn Versuchstiere in keimfreier Umgebung aufwachsen, so gedeihen sie zwar prächtig - wenn sie dann allerdings einem noch so harmlosen Virus ausgesetzt werden, so sterben diese Versuchstieren auf der Stelle. Dies spricht gegen die These, dass jede vermiedene Krankheit ein Gewinn ist.
Die Windpocken-Impfung enthält abgeschwächte aber lebende Windpocken-Viren, die – im Gegensatz zu den Wildviren – nicht über die Schleimhäute "aus der Luft" aufgenommen, sondern vom Impfarzt unter die Haut injiziert werden. Die Verträglichkeit der Impfung wird als gut beschrieben, Fieber ist selten, die Reaktion des Immunsystems verläuft weitgehend unbemerkt. Wie sich der Lerneffekt der echten Viren von jenem der abgeschwächten Impfviren unterscheidet und welche Rolle Windpocken im Detail für die Reifung des Immunsystems spielen, ist unbekannt. Ungeklärt ist weiters, ob sich diese Lernprozesse von jenen unterscheiden, die das Immunsystem beispielsweise im Kontakt mit Erkältungsviren macht. Niemand weiß, wie viele banale Infekte für die Entwicklung eines reifen Immunsystems notwendig sind. Derzeit gleicht unser Wissen über die hoch komplexen Abläufe, nach denen das Immunsystem funktioniert, gerade mal der Spitze eines eben aufgetauchten Eisberges.

Dessen ungeachtet versucht die moderne Medizin - durchaus in guter Absicht - das Immunsystem über alle möglichen Hebel zu manipulieren und in eine gewünschte Richtung zu beeinflussen.
Etwa mit fiebersenkenden Arzneimitteln, welche die Absicht des Immunsystems - nämlich Fieber zu erzeugen und damit die eigenen Arbeitsbedingungen zu optimieren - sabotieren.
Oder mit Entzündung hemmenden Wirkstoffen wie Cortisol, das als Stresshormon Teil des wichtigsten Gegenspielers des Immunsystems ist.
Unmittelbare Auswirkungen haben auch Antibiotika, die im Darm, dem größten Teilorgan des Immunsystems, unter den hilfreichen Bakterien einen verheerenden Kahlschlag anrichten.
Weiters zählen dazu die vielen modernen Medikamente gegen Rheuma, Multiple Sklerose, Morbus Crohn und andere Autoimmunkrankheiten, die heute die "Blockbuster" unter den umsatzstärksten Arzneimitteln darstellen und die Krankenkassen in den finanziellen Abgrund treiben.
Und dazu gehören schließlich auch die Impfungen, wo dem Immunsystem - wieder in bester Absicht - die Erfahrungen durchgemachter Krankheiten vermittelt werden sollen - ohne diese Krankheiten tatsächlich selbst durch zu machen.
(Wer sich näher für die Entwicklung eines gesunden Immunsystems interessiert, sei auf mein Buch "Lob der Krankheit - Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein" verwiesen. Es wurde 2010 als Taschenbuch im Verlag Lübbe neu aufgelegt.)

Parallel zu diesen in den letzten Jahrzehnten immer häufiger gewordenen Eingriffen ins Immunsystem ist auch die Zahl der dauerhaften Störungen des Immunsystems sprunghaft angestiegen: Mehr als hundert Autoimmunkrankheiten sind mittlerweile bekannt, viele haben heute bereits den Rang von Volkskrankheiten. Dazu kommen die verschiedenen Allergien, von denen in den Industrieländern fast ein Drittel der Bevölkerung betroffen ist.
Doch so leicht es der Medizin fällt, ein gesundes Immunsystem in seinen Funktionen von außen zu beeinflussen, so hoffnungslos ist ihr Wissensstand, wenn es gilt ein gestörtes und aus der Bahn geworfenes Immunsystem wieder zu normalisieren.
Dass es einen Zusammenhang zwischen der Manipulation des Immunsystems und dessen Störungen geben könnte, wird entweder heftig bestritten oder stillschweigend ignoriert.

Fazit: Die Windpocken-Impfung bietet für die Reifung des Immunsystems im Vergleich zur natürlich ablaufenden Krankheit einen wahrscheinlich deutlich geringeren Lerneffekt. Zudem handelt es sich bei der Windpocken-Impfung um eine zusätzliche Manipulation des Immunsystems. Die Auswirkung dieser beiden Effekte sind unbekannt und nicht ausreichend erforscht.


Argument 2: Geimpfte Mütter geben ihren Babys weniger Nestschutz mit

Als Starthilfe für das bei Geburt noch unreife Immunsystem geben die Mütter ihren Babys einen Vorrat schützender Antikörper - den so genannten Nestschutz - mit.
Diese Antikörper vermitteln Schutz gegen jene Viren und Bakterien, mit denen das Immunsystem der Mutter im Lauf der Jahre Bekanntschaft gemacht und sich davon ein Immun-Gedächtnis in Form von Zellen und Antikörpern geschaffen hat. Mit diesem Nestschutz werden die ersten Wochen und Monate nach der Geburt überbrückt, in denen das Neugeborene gesundheitlich besonders gefährdet ist.

Windpocken-Geimpfte geben später ihren eigenen Kindern weniger "Nestschutz" in Form schützender Antikörper weiter, weil die Immunantwort nach einer Impfung schwächer ausfällt als nach durchgemachter Krankheit. Während Windpocken, das im üblichen Alter (etwa zwischen zwei und sechs Jahren) auftritt, meist vollkommen harmlos verläuft, ist das im Babyalter, sowie im Jugend- und Erwachsenenalter nicht der Fall. Die Komplikationsrate bei Windpocken verläuft in Form einer U-Kurve: zu Beginn des Lebens und im späteren Leben kommt der Organismus mit diesen Viren schlecht klar.

Dieses Problem gilt ebenso für andere virale Erkrankungen wie etwa die Masern. Weil hier bereits seit vielen Jahren geimpft wird, sind die Auswirkungen bereits besser erforscht.
Im einer methodisch sehr guten Arbeit, die im Mai 2010 im British Medical Journal veröffentlicht wurde, zeigten Elke Leuridan und Kollegen von der Universität Antwerpen wie enorm dieser Effekt ist. Sie untersuchten eine Gruppe von 207 Schwangeren, von denen etwa die Hälfte geimpft war und die andere Hälfte ihre Immunität über eine Masern-Erkrankung erhalten hatte.
Im Vergleich war bei den geimpften Frauen die Antikörperkonzentration, die an die Babys weiter gegeben wurde um das Dreieinhalbfache niedriger. Bereits nach einem Monat war deren "Nestschutz" aufgebraucht. Die Babys, deren Mütter noch die Masern durchgemacht hatten, waren hingegen über fast vier Monate vollständig vor Masern geschützt.
Das hier beobachtete Phänomen ist einer der Gründe, warum heute auch viele impfkritische Eltern ihre Kinder gegen Masern impfen lassen: Denn eine Masern-Welle würde für die neugeborenen Babys geimpfter Mütter eine enorme Gefahr bedeuten. Nur die Verhinderung einer Masern-Epidemie kann diese Babys schützen - zumal es auch nicht möglich ist, sie in diesem frühen Alter selbst zu impfen.
Über die allgemeine Masernimpfung ist also ein Zwang entstanden, der nun alle Menschen in die Pflicht nimmt, ihre Kinder ebenfalls impfen zu lassen. Andernfalls würden sie dazu beitragen, dass wieder neue Masern-Wellen auftreten können und dann für Babys geimpfter Mütter Lebensgefahr besteht.

Bei Windpocken stehen wir noch am Anfang dieser Entwicklung. Der Weg ist aber nun aber durch die Empfehlung der STIKO in Deutschland und die Nachfolger in anderen Ländern schon vorgezeichnet: Binnen weniger Jahre ergibt sich hier eine ähnliche, vielleicht sogar noch schlimmere Dynamik wie bei Masern. Denn während Windpocken in der bisher typischen Altersgruppe überwiegend harmlos verlaufen, ändert sich das radikal, wenn sie plötzlich vermehrt bei Neugeborenen, Erwachsenen oder Schwangeren auftreten. Hier kann Windpocken Lebensgefahr bedeuten.

Fazit: Wer seine Kinder gegen Windpocken impfen lässt, riskiert, dass später die eigenen Enkelkinder weniger Nestschutz von ihren geimpften Müttern mitbekommen und diese Babys in der besonders empfindlichen Phase nach der Geburt an einer lebensgefährlichen Infektion erkranken können.


Argument 3: Der Impfschutz ist unzuverlässig, das Erkrankungsalter steigt dramatisch an.

Je höher der Anteil der geimpften Kindern, desto seltener wird eine Windpocken-Welle durchs Land ziehen. Die Folge ist, dass die Krankheit im Schnitt später auftritt.
Sehr gut kann man dies in den USA beobachten, wo bereits seit Mitte der 90er Jahre die allgemeine Impfempfehlung ab dem ersten Lebenjahr gilt. Wie in Europa stand auch in den USA zunächst ein Großteil der Bevölkerung wie auch der Ärzte der Windpocken-Impfung skeptisch gegenüber. Schließlich verfügte jedoch ein Bundesstaat nach dem anderen die Impfpflicht, nach dem bekannten Motto "no vaccination - no school". Wer keine philosophischen oder religiösen Einwände geltend machen konnte, oder wem diese Prozedur zu kompliziert war, musste die Kinder also impfen lassen, weil sie sonst nicht in die Schule durften. Über diesen Zwang gelang es, die Impfquote von 27 Prozent im Jahr 1997 auf 88 Prozent im Jahr 2005 zu heben.
Parallel dazu - zeigen die Berichte der Gesundheits-Behörden - hat sich das durchschnittliche Erkrankungsalter von fünf Jahren auf elf Jahre mehr als verdoppelt. Wenn sich dieser Trend fort setzt, so werden künftig regelmäßig Fälle von Windpocken in der Schwangerschaft auftreten. Hier können die Viren – ähnlich wie bei Röteln – schwere Schäden am Ungeborenen anrichten, worauf es zu Totgeburten kommt oder die Babys mit Behinderungen zur Welt kommen.

Dieses über die Impf-Kampagne ausgelöste Risiko ist auch den Behörden bewusst. Untersuchungen zeigen, dass zu dem Zeitpunkt als die Massen-Impfung eingeführt wurde, 95,5 Prozent der 20-jährigen und 98,9 Prozent der 30-jährigen und 99,6 Prozent der Menschen über 40 immun gegen Windpocken waren(Quelle: NHANES III "Varicella in Americans" JMedVirol. 2003; 70:111-118). Doch anstatt diese hohen Schutzraten zu bewahren, indem eben nicht geimpft wird und dadurch nahezu alle Kinder bis zur Pubertät die Windpocken (Varizellen) durch machen und damit geschützt sind, muss den Frauen nun - z.B. im österreichischen Impfplan von 2010 - vor der Schwangerschaft eine zweimalige Sicherheits-Impfung und sogar eine serologische Abklärung (Prüfung des Antikörper-Titers im Blut) empfohlen werden:
Da Varizellen bei Erwachsenen eine schwere Erkrankung darstellen und bei Erkrankung in der Schwangerschaft erhebliche Komplikationen auftreten können, wird empfohlen, bei allen ungeimpften 9-17-Jährigen ohne Varizellenanamnese (oder mit negativer Serologie) die Impfung (2 Einzeldosen im Mindestintervall von 6 Wochen) zu verabreichen.
In seltenen Fällen kann eine Varizellen-Zoster-Virusinfektion innerhalb der ersten 20 Schwangerschaftswochen zu Fehlbildungen beim Feten führen.

Die Bilanz der US-Impfkampagne ist also zwiespältig. Es erkranken nun zwar wesentlich weniger Kinder an Windpocken, jene die es dennoch erwischt, sind aber deutlich älter und haben ein höheres Komplikationsrisiko. Und es sind gar nicht so wenige, die trotz Impfung erkranken. Sogar Schulen, wo nahezu 100 Prozent der Schüler geimpft waren, wurden von Windpocken-Epidemien erfasst. Es zeigte sich, dass die ursprünglich als sehr hoch angenommene Wirksamkeit der Impfung binnen weniger Jahre stark nach ließ. Die US-Behörden mussten die Schutzrate der Impfung nach unten revidieren und gaben die Wirksamkeit nunmehr mit 44 bis 86 Prozent an.
Der Münchner Epidemiologe Rüdiger von Kries analysierte mit seinem Team alle Windpocken-Ausbrüche des letzten Jahrzehnts und kam in dieser Metaanalyse auf eine durchschnittliche Schutzrate von 72,5 Prozent.  Während ein sattes Viertel der geimpften Kinder durch die Impfung also gar keinen Schutz erhält, ist es derzeit auch beim Rest noch nicht abzusehen, wie lange bei ihnen der Impfschutz anhält, zumal auch der "Booster-Effekt" durch Wildviren zunehmend aus bleibt: Damit ist die Auffrischung der Immunität gemeint, die sich früher regelmäßig beim Kontakt mit Windpocken-kranken Kindern einstellte.

Derzeit sind zwei Einzelimpfstoffe (Varilrix von GlaxoSmithKline-GSK, sowie Varivax von Sanofi Pasteur MSD) und eine Kombinationsimpfung am Markt (Priorix-Tetra von GSK). Es gibt zahlreiche Hinweise, dass die Einzelimpfstoffe eine etwas höhere Wirksamkeit haben und der Schutz bei der Kombi-Impfung noch etwas rascher nach lässt. Dennoch wird heute in Deutschland meist die Kombi-Impfung verwendet - wohl auch um die Anzahl der belastenden Impftermine die häufig in ein Heulkonzert ausarten, möglichst niedrig zu halten. Neben der schlechteren Wirksamkeit zeigen sich nach der Kombi-Impfung zudem auch mehr Nebenwirkungen. Eine kürzlich im Fachjournal Pediatrics publizierte Studie ergab ein doppelt so hohes Risiko von Fieberkrämpfen im Zeitraum nach der MMRV-Kombi-Impfung wie bei Einzelgabe von MMR plus Varizellen-Impfung.

Die deutsche "Arbeitsgemeinschaft Masern und Varizellen (AGMV)" betreibt ein Überwachungssystem, an dem etwa 600 Ärzte teilnehmen, die monatlich ihre Fälle melden. Die AGMV ist eine gemeinsame Initiative des Berliner Robert Koch Instituts (RKI) mit den Impfstoffherstellern. Die wissenschaftliche Federführung liegt zwar beim RKI, mit der Durchführung ist jedoch das Deutsche Grüne Kreuz beauftragt, die häufig als Lobbying- und PR-Agentur der Impfstoff-Industrie auftritt.
Es ist heutzutage längst Usus, dass sich die Behörden ihre Aktivitäten von der Industrie bezahlen lassen.
Diese investiert hier gerne. Erkauft sie sich doch mit derartigen Partnerschaften - neben dem Wohlwollen der Behörden - auch einen Erstzugriff auf die Daten. Daraus ergibt sich sowohl ein Informationsvorsprung als auch die Möglichkeit die Interpretation dieser Daten in der öffentlichen Kommunikation mit zu gestalten.

Bislang zeigen die Daten für Deutschland einen deutlichen Rückgang bei den Windpocken-Fällen. Im Zeitraum von 2006 bis 2008 stieg die Durchimpfungsrate bei Windpocken von 38% auf 53% an. Nahezu alle Befragten wissen bereits von der Windpocken-Impfung. Der wichtigste Einfluss-Faktor für oder gegen die Impfung war laut Elternbefragung der Rat der Ärzte. In der Regel folgten die Eltern der Arztempfehlung. Und die Ärzte sind dazu Jahr für Jahr stärker bereit. Von 2006 bis 2008 stieg deren Zustimmung zur Impfung von 48% auf 60% an. Das bedeutet jedoch, dass noch immer 40% der Ärzte der Windpocken-Impfung skeptisch bis ablehnend gegenüber stehen.
Bei den Eltern bislang ungeimpfter Kinder zeigt sich ein gegenläufiger Trend. Hier stieg der Anteil jener, die erklären, dass sie ihr Kind nicht gegen Windpocken impfen lassen im Zeitraum von 34% auf 40% an.

Beunruhigend erscheint den Autoren eines Münchner Varicellen-Beobachtungs-Systems die Tatsache, dass die Zahl der Durchbruchserkrankungen über die Beobachtungsjahre stark anstieg. Damit sind jene Geimpften gemeint, die dann trotzdem an Windpocken erkranken. Lag der Anteil in der ersten Saison (2006/07) bei 2,7%, stieg er in den Folge-Saisonen auf 5,2% und lag 2008/09 bei 7,9%.
Wohin der Trend hier geht, zeigen die aktuellen Zahlen vom Oktober 2010. In diesem Monat meldeten die Arztpraxen des AGMV- Überwachungssystems insgesamt 395 Neuerkrankungen an Windpocken. Der Anteil der Geimpften unter den Kranken lag nun bereits bei 30,6%.

In den USA wurde auf Basis ähnlicher Erfahrungen ab 2006 die Empfehlung für eine obligate zweite Windpocken-Impfung zur Grund-Immunisierung ausgegeben, eine Maßnahme die in der Folge von industrienahen deutschen Impfexperten forciert wurde und seit 2009 in Deutschland und inzwischen auch in Österreich im Impfplan steht. Die Gesundheits-Behörden hoffen, dass sich damit nun eine bessere Wirksamkeit ergibt, die halbwegs mit jener der Masern-Mumps-Röteln Impfung mithalten kann.
Die deutschen Autoren der zitierten Metaanalyse (darunter zwei Mitglieder der STIKO) zeigen sich diesbezüglich in ihrer Arbeit jedoch skeptisch, und äußern die Befürchtung, dass die Schutzrate im Lauf der Zeit abermals nachlassen könnte.

Fazit: Der Schutz der Windpocken-Impfung lässt relativ rasch nach, etwa ein Viertel der Geimpften erkrankt später trotzdem. Ob dieser Effekt von der kürzlich eingeführten zweiten Impfung gestoppt werden kann, wird von Experten bezweifelt. Erfahrungen aus den USA zeigen, dass sich seit Einführung der Massenimpfung das durchschnittliche Erkrankungsalter verdoppelt hat. Nun drohen vermehrt Fälle von Windpocken während der Schwangerschaft, die - ähnlich wie bei Röteln - zu schweren Komplikationen und Fehlbildungen beim Ungeborenen führen können.


Lesen Sie weiter bei TEIL 2 des Artikels. Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, würden 
wir uns über einen kleinen Beitrag zu unserer Arbeit sehr freuen. 

Donnerstag, 18. November 2010

Heute Film mit Diskussion in Maria Anzbach



Heute, Donnerstag ab 19 Uhr, wird in Maria Anzbach (Burgstall 2) der Film "Impfen - Spielball Mensch" von Anita Schrittwieser und Elisabeth Blum gezeigt. Ich bin als Medizinjournalist für den Film interviewt worden und werde anschließend für eine Diskussionsrunde zur Verfügung stehen.

Mittwoch, 3. November 2010

Comeback der Sonnenkur

Wer sich die altehrwürdigen Sanatorien in den „Luftkurorten“ Österreichs oder der Schweiz an sieht, dem stechen vor allem die großzügigen Sonnenterrassen ins Auge. Hier sollten die Kranken täglich einige Stunden verbringen um bei guter Luft und den wohltuenden Strahlen der Sonne Heilung zu erlangen. „Das Sonnenlicht führt reine positive Lebensgeister aus dem kosmischen Äther mit sich“, heißt es etwa in einer „Anleitung zur Sonnenkur“ aus dem 19. Jahrhundert. Kurorte wie Davos, oder die bekannten Sanatorien am Semmering warben mit ihren zahlreichen „Sonnentagen“, welche den Gästen auch dann noch Sonnenbäder ermöglichten, wenn die Täler längst in den Herbst- und Winternebeln versunken waren.

Seit dieser Zeit hat der Ruf der Sonne einige Schrammen abbekommen. Ausgehend von der hohen Hautkrebsrate der Australier ging über mehrere Jahre ein regelrechte Lawine von Schockmeldungen durch die Medien. Sonne wurde zum Synonym für Melanome – die bösartigste Form von Schwarzem Hautkrebs. Und an manchen Stränden hatte man den Eindruck, die Designer der aktuellen Bademode seien allesamt strenggläubige Taliban. Wer seine Haut dennoch der Sonne aussetzen wollte, wappnete sich – angeleitet durch die mediale Hysterie – mit einem Sonnenschutzfaktor von 25 aufwärts.

Mittlerweile ist die Kampagne etwas abgeebbt. Studien erscheinen, die keinen Unterschied finden zwischen dem Hautkrebs-Risiko traditionell verhüllter Moslem-Frauen und jenen, die nichts dabei finden im Bikini an den Strand zu gehen. Zudem zeigt sich bei Hautkrebs, ebenso wie bei den meisten anderen Krebsarten ein deutliches Nord-Süd Gefälle. Ebenso bei Osteoporose, Rachitis und bei vielen Krankheiten der Seele. Unser Problem scheint demnach eher der Mangel an Sonne.

Langsam erlebt die Einsicht ein Comeback, dass der Stern, dem wir alles Leben auf Erden verdanken, doch nicht so schlecht sein kann. Über neue wissenschaftliche Erkenntnisse materialisieren sich nun auch die „Lebensgeister“, die im Sonnenlicht enthalten sind. Es handelt sich dabei vor allem um Vitamin D, das über den Einfluss von UV-Strahlen in den äußeren Hautschichten gebildet wird und im Stoffwechsel wesentlich effektiver verwertet werden kann als über Nahrungsmittel oder Vitaminpillen. Immer mehr Mediziner raten deshalb dazu, wann immer sich die Gelegenheit bietet, Sonne zu tanken – speziell im Herbst und Winter. Und besonders gilt dieser Rat – so wie in den alten Zeiten der Sonnenkuren – für kranke und gebrechliche Menschen. Die generelle Einführung von Sonnenterassen in Alten- und Pflegeheimen – und die eifrige Nutzung derselben, wäre demnach ein konsequenter und vor allem heilsamer Schritt.

Dieser Kommentar erschien in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift LebensWEGE.

Dienstag, 2. November 2010

Der Streptokokken-Kosmos

Einerseits harmlose und überall vorhandene Bakterien, andererseits gefährliche Krankheitserreger, die plötzlich Organe befallen und jährlich eine Million Kinder töten. Ein aktuelles GEN-AU Projekt befasst sich mit der geheimnisvollen Interaktion zwischen Streptokokken und Immunabwehr. Ziel sind leistbare Impfstoffe mit möglichst universeller Wirkung.

Als Bill Gates Mitte Juli anlässlich des internationalen AIDS-Kongresses in Wien war, fuhr er auch zum Campus Vienna Biocenter in den dritten Bezirk und stattete der Firma Intercell einen Besuch ab. Denn hier gedeiht eines der viel versprechendsten Impfstoff-Projekte für Entwicklungsländer, welches der Microsoft-Gründer mit seiner Bill & Melinda Gates Foundation kräftig unterstützt. „Es handelt sich um eine universelle Pneumokokken-Impfung“, sagt Eszter Nagy, die Chefin des Forschungs-Departments bei Intercell. „Im Gegensatz zu den derzeit am Markt befindlichen Produkten soll unser Impfstoff gegen alle Serotypen gleichermaßen wirken und das bei wesentlich niedrigeren Herstellungskosten.“
Pneumokokken zählen zu den Streptokokken und zeigen die "dunkle Seite" dieser normalerweise harmlosen Bakterienart. Pneumokokken-Infektionen verursachen jährlich etwa eine Million Todesfälle bei Kindern, mehr als 90 Prozent davon in den Entwicklungsländern. Über die Organisation „PATH“ finanziert die Gates-Foundation 60 Prozent der Entwicklungskosten, sowohl in der präklinischen Forschung wie auch der vor wenigen Monaten absolvierten "Phase-1-Studie". Hier wurde zum ersten Mal die Sicherheit und Verträglichkeit des neuen Impfstoffes am am Menschen getestet, und zwar an dreißig gesunden Männern. Die Daten sind noch nicht publiziert. Laut Nagy waren die Resultate jedoch sehr ermutigend. „Der Impfstoff erwies sich bislang als sicher und immunogen.“ Nun wird bereits der Fahrplan für die weitere Vorgangsweise – von der Organisation der großen Zulassungsstudien in Afrika bis zur Markteinführung diskutiert. Bis zum fertigen Produkt ist es allerdings noch ein weiter Weg.

Zum Know-How, das die vor zehn Jahren gegründete Intercell in dieses Vorhaben einbrachte und laufend einbringt, trägt ein im Rahmen von GEN-AU unterstütztes experimentelles Forschungsprojekt kräftig bei, das die Erkundung der Mechanismen und der Modulation des Immunsystems beim Kontakt mit verschiedenen Streptokokkentypen zum Ziel hat. Das mit knapp 250.000 Euro geförderte Programm startete vor zwei Jahren und läuft noch bis Anfang 2012. Wichtige Partner von Intercell sind zwei weitere Institute am Campus, die zu den Max F. Perutz Laboratories gehören, sowie das Team von Beatrix Grubeck-Löwenstein vom Institut für biomedizinische Altersforschung in Innsbruck. Bislang haben sich bereits mehrere interessante Publikationen aus der Kooperation ergeben.
Nagy sieht die Förderung der Grundlagenforschung als Basis für viele weitere Programme, die künftig aus den generierten Daten entstehen werden. Vor allem soll versucht werden, die vielen Details der zellulären Immunantwort beim Kontakt mit den Pneumokokken-Antigenen im Impfstoff zu erklären.
Der Intercell Impfstoff unterscheidet sich von den herkömmlichen Produkten gleich mehrfach. Die derzeit am Markt befindlichen Impfstoffe schützen gegen 10, bzw. 13 der insgesamt 90 Pneumokokken-Serotypen. Weil die Bakterien aber ständig trachten, der Immunabwehr zu entkommen, variierien sie den Code ihrer Virulenz-Faktoren. Sobald es einen Immun-Response gibt, ist das Bakterium in der Lage, die Sequenz dieses Antigens zu verändern und sie können in der Folge der Immunabwehr entkommen. Aus dem Druck der Impfungen über das Immunsystem entwickelt sich hier ein Replacement Effekt, der jene Bakterien begünstigt, die ihren Code ändern. Und das passiert bereits. Tatsächlich sind bereits wieder neue Impfstoffe gegen 15 und noch mehr Serotypen in Entwicklung. „Es wäre jedoch viel zu komplex, mehr als 20 Antigene an Proteine zu koppeln“, sagt Nagy. „Bei diesem Ansatz gibt es also ein gewisses technologisches Limit.“

Ein Impfstoff gegen alle Pneumokokken

Mit einer im eigenen Haus entwickelten Genom-Technologie zur Identifizierung geeigneter Impfstoff-Antigene scannte sie mit ihrem Team deshalb alle 2000 Proteine der Pneumokokken auf ihre Eignung als Angriffspunkt für den Impfstoff. Dazu wurde zunächst Serum von Patienten gesammelt, die sich gerade von einer Pneumokokken-Krankheit erholten. „Wir isolierten die Antikörper aus dem Serum und sahen, welche Antigene der Pneumokokken das Immunsystem während der Krankheit ansteuerte“, erklärt Nagy. Nach diesem Vorbild wurden auch die Antigene für den Impfstoff ausgesucht. Am Ende blieben drei übrig.
Diese drei Proteine spielen eine wichtige Rolle in der Vervielfältigung der Bakterien. Sie werden dafür gebraucht, die Zellwand der Bakterien während der Teilung wieder neu aufzubauen. „Damit haben wir einen vollkommen neuen Typus von Impf-Antigenen gefunden“, freut sich Nagy. Damit war man auch nicht mehr, so wie bei den herkömmlichen Pneumokokken-Impfstoffen, auf die Virulenz-Faktoren angewiesen. „Wir haben also ein Ziel ausgewählt, das sehr stabil ist und gleichzeitig im Lebenszyklus der Bakterien eine Schlüsselrolle spielt.“ Damit ergibt sich eine theoretische Wirksamkeit gegen alle Pneumokokken-Serotypen und damit auch eine ideale Eignung für Entwicklungsländer, wo ganz andere Serotypen vorherrschen als in Europa oder den USA.

Neuartiger Wirkverstärker "IC-31"

Wesentlich für die Wirksamkeit ist bei Impfstoffen stets das verwendete Adjuvans, ein Wirkverstärker, der die Immunreaktion auf die Antigene steigert. Auch hier baut Intercell mit dem neuartigen vollsynthetischen Adjuvans IC-31 auf eine neue Technologie, die gegenüber den bisher hauptsächlich verwendeten Aluminium-haltigen Adjuvantien deutliche Vorteile hat. Während diese seit Jahrzehnten verwendeten Hilfsstoffe eher die Bildung von Antikörpern forcieren, induziert IC-31 vor allem eine zelluläre Immunität. „Wir wissen aus der klinischen Forschung, dass bei Krankheiten im Zusammenhang mit Pneumokokken dieser T-Zell-Response speziell in Form der Th17 Zellen von vordringlicher Bedeutung ist“, sagt Nagy. „Das Adjuvant IC-31 löst in der Tat eine so starke Immunantwort aus, dass es vielleicht sogar möglich wird, einen Befall mit Pneumokokken zu eliminieren und die Kolonisierung rückgängig zu machen.“ Im Vergleich dazu ist die Funktionsweise über die Antikörper-Antwort deutlich langsamer, weil es mehrere Tage dauert, bis hier die Produktion in Schwung kommt. Bei einer heftigen Infektionslage wie in manchen Ländern Afrikas, könnte das aber eine Frage von Leben oder Tod sein.

Ob der Impfstoff sogar therapeutisch eingesetzt werden kann, ist derzeit laut Nagy noch ungewiss. „Wir werden prüfen, ob es möglich ist, die Bakterien zu eliminieren, wenn die Kinder bereits kolonisiert sind.“ Davon hängt es auch ab, ob es theoretisch möglich wäre, den Organismus komplett zu sterilisieren und die Pneumokokken dauerhaft abzuwehren. „Aber es kann sein, dass das gar nicht erstrebenswert ist“, sagt Nagy, „denn sie gehören schon zur kindlichen Flora.“ Ein Möglichkeit wäre es, die Bakterien-Anzahl, zu reduzieren und auf einem niedrigeren Level zu halten. „Dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sie ausschwärmen und z.B. Mittelohrentzündungen, Lungenentzündungen oder Meningitis machen, verringert.“

Antibiotika machen Pneumokokken aggressiver

Bleibt die Grundsatz-Frage bei allen diesen Krankheiten: Warum schwärmen diese Bakterien überhaupt aus und befallen plötzlich Organe oder gehen ins Blut?
Dazu gibt es noch keine gesicherten Antworten aber immerhin einige Theorien, erklärt Nagy. Demnach spiele die Bakterienlast eine Rolle, die ein Mensch abbekommt. Je mehr Bakterien, desto schwieriger sei es für die Immunabwehr, das zu kontrollieren. Wenn dazu noch eine virale Koinfektion auftritt, wie das speziell bei Kindern sehr häufig ist, können die Bakterien leichter in normalerweise steriles Gewebe vordringen.
„Und schließlich“, erklärt Nagy, „gibt es bestimmte Stränge, die virulenter sind als andere.“ Dazu tragen auch Antibiotika ihr Teil bei. Sie erhöhen den Virulenz-Faktor der Bakterien und diese werden in der Folge aggressiver. Man kann, warnt Nagy, die Pneumokokken also auch über eine eigentlich gut gemeinte Therapie aufwecken und von friedlichen Besiedlern zu bösartigen Krankheits-Erregern machen. Der Grat ist schmal.
Und dieses Phänomen gilt es auch bei den zukünftigen Impfstoffen zu beachten. Denn so gefährlich die Bakterien wüten können, so verheerend kann auch der Gegenschlag des Immunsystems sein. Von der großen Grippe-Pandemie im Nachkriegswinter 1918/19 weiß man, dass die meisten Todesfälle nicht von den Viren- und den nachfolgenden Bakterien-Infektionen ausgelöst wurden, sondern von einer atypisch heftigen Reaktion des Immunsystems. Eine Impfung darf also keinesfalls diese Geister wecken. „Bislang sahen wir jedoch nur sehr milde Verläufe“, gibt sich Nagy optimistisch.

Dieser Artikel erschien in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift genosphären. Siehe auch das zugehörige Interview mit Eszter Nagy.

Montag, 1. November 2010

"Vakzinologie ist kein Penny Markt"

Eigentlich sind Streptokokken ganz normale Mitbewohner am Menschen: rundliche, grampositive Bakterien, die etwa ein Tausendstel Millimeter messen und sich bevorzugt in Ketten anordnen. Zum Beispiel in der Mundhöhle, auf den Schleimhäuten des Rachens oder in der Flora des Darms. Solange die Streptokokken an ihrem Platz bleiben sind sie nützliche Mitglieder der Bakteriengesellschaft. Medizinisch werden sie etwa zur Vorsorge gegen Paradontose eingesetzt oder als Kultur zum Wiederaufbau der Darmflora nach Antibiotika- oder Pilzbehandlung. Böse können die Folgen jedoch sein, wenn Streptokokken zu wandern beginnen und Organe befallen. Berühmt-berüchtigt ist die etwa 90 Serotypen zählende Untergruppe S. pneumoniae. Diese "Pneumokokken" gehören zu den bedeutsamsten Krankheitserregern des Menschen. Sie verursachen unter anderem Pneumonie (Lungenentzündung), Otitis Media (Mittelohrentzündung) und Meningitis (Gehirnhautentzündung). Bereits vor mehr als 60 Jahren wurde ein Polysaccharid-Impfstoff auf den Markt gebracht, der auch heute noch für ältere Menschen empfohlen wird. Er besteht aus den unveränderten Zuckermolekülen der Kapsel und richtet sich gegen 23 Pneumokokken-Typen. Damit sollte er 90 Prozent der Erkrankungen abdecken. Bei Kindern, die noch keine Kontakte mit Pneumokokken hatten, ist der 23-valente Impfstoff jedoch unwirksam und auch sonst gilt er nicht gerade als Highlight. Erst im Vorjahr bescheinigte ihm eine Meta Analyse der vorhandenen Literatur, die von Wissenschaftlern der Universität Bern durchgeführt wurde „keinen Schutz vor Lungenentzündung“ und auch „keinen nachweisbaren Überlebensvorteil“ für die Geimpften.
Deutlich besser ist die Bilanz eines im Jahr 2000 in den USA (und 2001 in der EU) zugelassenen 7-valenten Konjugat-Impfstoffes, der für Säuglinge ab zwei Monaten, sowie Erwachsene ab 60 Jahren empfohlen wurde und heute in den meisten Ländern zu den obligaten Kinderimpfungen zählt. Bei diesem Impfstoff ist die Wirksamkeit verstärkt worden, indem die Polysaccharide der Bakterienkapsel an eine entgiftete Variante des Diphtherie-Proteins konjugiert wurden. Damit ließ sich nun auch bei Steptokokken-naiven Säuglingen eine Immunantwort auslösen. Bereits kurz nach der Einführung der Impfung in den USA zeigte sich eine Reduktion der invasiven Pneumokokken-Erkrankungen bei den Kindern um zwei Drittel.
Dieser Effekt hat sich in den letzten Jahren allerdings deutlich abgeschwächt, weil Erkrankungen durch nicht in der Impfung enthaltene Serotypen stark zugenommen haben. Diesem so genannten „Replacement-Effekt“ versuchen die Impfstoff-Hersteller nun damit zu begegnen, dass sie neue Produkte auf den Markt brachten, die nun gegen zehn, bzw. dreizehn Serotypen Schutz bieten. Für breite Impfkampagnen in Entwicklungsländern, wo Pneumokokken zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern zählen, sind diese Impfstoffe mit Verkaufspreisen jenseits von 200 US-Dollar jedoch viel zu teuer. Zudem unterscheiden sich die dort grassierenden Serotypen deutlich von der Verteilung in den Industrieländern.
Das Wiener Unternehmen Intercell, das sich - laut Firmen-Slogan auf die Entwicklung von "smart vaccines" spezialisiert hat, hat nun einen Impfstoff in Entwicklung, der gegen alle Pneumokokken-Stämme wirken soll.
Ich sprach darüber mit Intercell-Forschungsleiterin Eszter Nagy.


Bei Pneumokokken gibt es bereits einige Impfstoffe am Markt, die soeben noch einmal in einer verbesserten Version neu aufgelegt wurden. Was war für Sie als Forschungsleiterin von Intercell der Grund, ebenfalls auf diese Indikation zu setzen?

Nagy: An Pneumokokken Infektionen stirbt in Entwicklungsländer jedes sechste Kind. Diese Krankheit hat ein Ausmaß – vergleichbar der Malaria. Die bisherigen Impfstoffe schützen nur vor einem kleinen Teil dieser Bakterien. Wir haben eine Technologie entwickelt, mit deren Hilfe wir andere Angriffspunkte bei den Bakterien ausgewählt haben. Antigene, die vom Bakterium nicht verändert werden konnten, weil sie für den Lebenszyklus der Pneumokokken unbedingt notwendig sind. Deshalb sollte unser Impfstofff – von seinem Wirkprinzip her – vor allen 90 Pneumokokken-Typen schützen.

Wissen Sie bereits, ob er das auch tatsächlich tut?

Nagy: Bislang haben wir die Ergebnisse der ersten Studienphase. Bei Tests an 32 gesunden Erwachsenen erwies sich unser Impfstoff bislang als sicher und immunogen. Nun werden die größeren Zulassungsstudien in Afrika organisiert, in denen konkret die Wirksamkeit in Kindern getestet wird.

Die in Europa erhältlichen Impfstoffe sind unglaublich teuer. Der Marktführer ‚Prevenar 13’ kommt für die Grund-Immunisierung auf einen Preis von mehr als 300 Euro.

Nagy: Derzeit machen wir im Bereich der Vaccinologie gerade eine Revolution durch. Das war früher ein Penny-Markt, wo eine Impfung 50 Cents gekostet hat. Es kommen laufend unkonventionelle Produkte auf den Markt, allen voran die hochpreisige Impfung gegen Humane Papillomaviren, die Auslöser des Zervix-Karzinoms. Prevenar ist ebenso erfolgreich und enorm teuer.

Sollten diese Impfungen nicht vorwiegend in Entwicklungländern eingesetzt werden, wo die Krankheiten viel schwerwiegender sind?

Nagy: Ja, aber sie benötigen eine wesentlich billigere Alternative, sonst können das Entwicklungländer überhaupt nicht einsetzen. Der Impfstoff, den wir derzeit entwickeln wird billiger sein. Das heißt jetzt nicht, dass wir ihn in den Industrieländern um 50 Cents verkaufen. Die Produktionskosten liegen aber deutlich unter jenen der anderen Impfstoffe.

Wie sieht es denn mit Ihrem Zeitplan aus?

Nagy: Hier hängt vieles von unseren Partnern, etwa der internationalen Nonprofit-Organisation PATH, die durch die Bill Gates Foundation finanziert wird, ab. Es müssen Studien in Afrika organisiert werden um die Wirksamkeit bei einer hohen Erkrankungswahrscheinlichkeit zu messen. Nachdem wir die Sicherheitsdaten haben, können wir hier näheres sagen.

Auch einige andere Streptokokken können Krankheiten auslösen. Sind hier auch Impfstoffe in Arbeit?

Nagy: Ja, wir haben ein Projekt mit Streptokokkus pyogenes, das beim Menschen Scharlach und Mandelentzündungen auslösen kann. Mandelentzündungen sind keine tödliche Krankheit, aber die Ursache für 70 Prozent der Antibiotika-Verschreibungen bei Kindern, was in der Folge wieder zu Resistenzen führt. Ein anderes Streptokokken Projekt bezieht sich auf S. agalactiae, welches Sepsis in Neugeborenen verursachen kann, speziell bei Frühgeborenen. Hier wollen wir eine passive Immuntherapie entwickeln, wo wir frühgeborenen Babys monoklonale Antikörper verabreichen, präventiv.

Das klingt nach Produkten mit guten Marktchancen. Wozu braucht es da noch öffentliche Forschungs-Gelder wie im Rahmen des GEN-AU Projektes?

Nagy: Das Gen-AU Projekt war sehr experimentell als wir damit vor zwei Jahren begonnen haben. Wir hatten auch noch keine Partner an Bord. Dieses Förderungsprojekt half, die zelluläre Immunantwort auf die Pneumokokken-Antigene im Impfstoff zu erklären, und hat zahllose Daten generiert, die nun auf andere Programme angewendet werden können.

Sie sind im Jahr 1999 einer Einladung des Intercell Gründers Alexander von Gabain gefolgt und aus den USA nach Wien übersiedelt. Vermissen Sie die USA manchmal?

Nagy: Nein, gar nicht. Ich wollte mit meiner Familie immer in Europa leben. Außerdem haben wir bei Intercell ein sehr internationales Flair, der Job wirklich aufregend. Ich lebe wirklich gerne in Wien, liebe die sehr kosmopolitische Atmosphäre hier. Und nicht zuletzt freut es mich natürlich, dass mein Heimatland Ungarn so nahe gelegen ist.

Sie haben die Arbeit in der Impfstoff-Industrie einer universitären Karriere vorgezogen. Passierte das durch Zufall oder geplant?

Nagy: Es war wirklich eher Zufall. Aber ich profitiere sehr von meiner medizinischen und wissenschaftlichen Ausbildung. Die Vorteile, für ein privates Unternehmen zu arbeiten, liegen in der Chance, neue wissenschaftliche Erkenntnisse sehr rasch praktisch umzusetzen. Es ist für mich sehr motivierend, wenn ich über die Entwicklung neuer Medizinprodukte persönlich zur Verbesserung der Gesundheit der Menschen beitragen kann.

Eszter Nagy, MD, PhD,absolvierte ihr Studium der Medizin und der Molekularbiologie an der Universtiät Pecs und verbrachte fünf Jahre an verschiedenen Universitäten der USA. Zu Intercell kam sie 1999 auf Einladung des Intercell Gründers Alexander von Gabain. Seit 2005 leitet sie den gesamten Forschungsbereich mit derzeit rund 45 Wissenschaftlern. Eszter Nagy lebt mit Ihrer Familien in Wien. Ihr Sohn Bence, 18, beginnt gerade sein Medizin-Studium, Tochter Fanni, 15, besucht das Akademische Gymnasium. Ehemann Tamas Henics ist ebenfalls Mediziner und Wissenschaftler und wechselte im Juni von den Max Perutz Laboratories in Wien zu einem ungarischen Biotech-Unternehmen im Grenzbereich zu Österreich.

Dieses Interview erschien im Rahmen der "Serie Projektleiter" auf der Webseite von "GEN-AU" - Genomforschung in Österreich.

Dienstag, 26. Oktober 2010

Impfstoff-Sicherheit: Tierversuche genügen!

In etwa zwei Drittel der derzeit verwendeten Impfstoffe für Babys, Jugendliche und Erwachsene sind Wirkverstärker (Adjuvantien). Das sind vor allem Aluminium-, in selteneren Fällen auch Squalene-Verbindungen (z.B. bei den zuletzt in Europa angebotenen Schweinegrippe-Impfstoffen). Eine ganze Reihe neuartiger Adjuvantien befindet sich derzeit in den diversen Teststadien.

Die derzeit zugelassenen Wirkverstärker verursachen an der Einstichstelle Entzündungen und sorgen damit für eine Alarmierung des Immunsystems. Ohne diese Wirkverstärker würden die meisten Impfungen nicht oder deutlich schlechter funktionieren. Ohne Wirkverstärker wäre die Antikörper-Bildung, nach der die Wirkung der meisten Impfungen bemessen wird schwächer oder gar nicht vorhanden.

Man weiß aus zahlreichen Studien, dass eben diese Wirkverstärker hauptverantwortlich für Schmerzen und Schwellungen an der Einstichstelle sind und die nach Impfungen häufig auftretenden systemischen Reaktionen wie z.B. Fieber, etc. auslösen.
Durch die vorwiegend über die Wirkverstärker ausgelöste Immunreaktion entstehen bei allen Impflingen - neben der erwünschten Bildung von Antigen-spezifischen Zellen der Immunabwehr - auch autoaggressive T- oder B-Zellen bzw. Antikörper, die sich an körpereigene Zellen haften und diese fälschlicherweise als "fremd" und "gefährlich" markieren und damit für die Immunabwehr als Angriffsziele frei geben. Einer der dafür verantwortlichen Mechanismen ist "molecular mimicry" - darunter versteht man Verwechslungs-Prozesse auf molekularer Ebene.
Autoaggressive Zellen werden meist über die Selbstschutz-Mechanismen des Immunsystems identifiziert und unschädlich gemacht. Wenn bei empfänglichen Menschen dieser Mechanismus versagt, kann das jedoch auch zur Bildung von bleibenden Autoimmun-Störungen führen. Entweder unmittelbar nach der Impfung oder auch als schleichender Prozess mit zeitlicher Verzögerung.

Aluminium-Verbindungen werden seit mehr als 70 Jahren in Impfstoffen verwendet. Sie gelten als "Dirty little Secret" der Immunologie, weil die längste Zeit vollkommen unbekannt war, wie sie konkret wirken. Erst in den letzten zehn Jahren hat man hier einige Mechanismen aufklären können. So weiß man z.B. nun, dass die Alarmierung des Immunsystems über die Zerstörung von Körperzellen an der Einstichstelle abläuft, indem diese zerstörten Zellen als internes Alarmsignal Harnsäure frei setzen, welche dann massenhaft Immunzellen an die Einstichstelle rufen. Wer sich näher über die Effekte informieren möchte, empfehle ich den Artikel "The immunbiology of aluminium adjuvants: how do they really work" der im März 2010 im Journal "Trends in Immunology" erschienen ist.

Während auf der einen Seite also endlich damit begonnen wird, die biologischen Mechanismen der alten Aluminium-Adjuvantien aufzuklären, wirft die Industrie bereits neuartige, verstärkte Aluminium-Verbindungen auf den Markt.

Sie kamen erstmals in Gardasil und Cervarix, den beiden Impfstoffen gegen Humane Papillomaviren (HPV) bei Mädchen ab 12 Jahren in den Massen-Einsatz. Diese neuartigen Aluminium-Verbindungen heißen beim Produkt Cervarix von GlaxoSmithKline (GSK) "AS04" ("Adjuvans System 04") und beim Marktführer Gardasil von Sanofi Pasteur MSD "AAHS" („amorphous aluminum hydroxyphosphate sulfate“).
AAHS unterscheidet sich - laut Firmen-eigenem Forschungsbericht - sowohl vom Aufbau als auch von der Funktion wesentlich von den bisher eingesetzten Aluminiumsalzen und wurde speziell wegen seiner deutlich stärkeren immunogenen Eigenschaften für die HPV-Impfung ausgewählt.
Noch neuer und in seiner Komposition origineller ist der Wirkverstärker AS04. GSK setzt dabei auf das Alarmpotenzial einer Fettverbindung, die aus der Oberfläche von Salmonellen gewonnen wurde und kombiniert es mit Aluminiumhydroxid. Im direkten Vergleich mit Gardasil zeigte sich, dass AS04 tatsächlich eine explosive Kombination ist und einen um das zwei- bis sechsfach höheren Antikörper-Titer bei den Geimpften erzeugt.

Doch kommen wir nun zum Kernthema:
Wie werden diese neuartigen Wirkverstärker getestet??

Ich fragte Hugues Bogaerts, den für Cervarix zuständige Produktmanager des belgischen Konzerns GSK nach den Sicherheits-Studien für sein neuartiges Adjuvans, das bisher noch in keinem Massen-Impfstoff eingesetzt worden ist. Seine Antwort lautete: „Eigene Sicherheitsstudien am Menschen sind bei einem neuen Adjuvans nicht vorgesehen. Das wird in den großen klinischen Studien gleich in der fertigen Impfstoff-Kombination getestet.“

Wie ich hier schon mehrfach kritisiert habe, wurde bei den großen Studien (mit 40.000 Teilnehmerinnen) zu Gardasil und Cervarix jedoch auch in den Kontrollgruppen Aluminium-haltige Wirkverstärker eingesetzt, bei Gardasil sogar komplett dieselben wie sie auch in der Impfung enthalten sind.

Das bedeutet, dass die Mädchen, die nun - in Deutschland als Gratis-Leistung der Krankenkassen - gegen HP-Viren zur Vorsorge gegen ein späteres Zervix-Karznom - geimpft werden, mit biochemisch hoch aktiven Substanzen behandelt werden, die zuvor nur im Labor, bzw. in Tierversuchen auf ihre Funktion und Verträglichkeit getestet wurden.
Und nicht mal diese Tests sind öffentlich in den Datenbanken nachlesbar.

In den Beipacktext des Marktführers Gardasil musste auf Geheiß der US-Behörde FDA im Dezember 2008 die Information aufgenommen werden, dass bei 2,3 Prozent der Studien-Teilnehmerinnen während des Beobachtungszeitraumes von rund zwei Jahren "neue Krankheiten aufgetreten sind, die möglicherweise auf eine systemische Autoimmun-Störung" hinweisen. In Europa fehlt dieser Hinweis in der Impfstoff-Aufklärung.

Ich habe mich in dieser Angelegenheit sowohl an die STIKO als auch das zuständige Paul-Ehrlich Institut gewandt und Aufklärung verlangt, wie es zur Empfehlung bzw. Zulassung dieser Impfungen kommen konnte. Trotz fehlender Sicherheits-Studien, trotz alarmierender Studien-Ergebnisse.
Ich habe keinerlei Antwort erhalten. Die Chefs der österreichischen Zulassungsbehörden wussten auf meine diesbezüglichen Fragen nicht mal, dass es sich bei den in den HPV-Impfstoffen enthaltenen Wirkverstärkern um neuartige Aluminium-Verbindungen handelte.

Wahrscheinlich teilen sie alle die Meinung, die auch der Wiener Impfexperte Wolfgang Maurer mir gegenüber kürzlich öffentlich vertreten hat: (Firmen-interne, meist nicht öffentlich publizierte) Laborexperimente und Tierversuche genügen, um Impfstoffe mit neuartigen Wirkverstärkern massenhaft an gesunden Mädchen und jungen Frauen anzuwenden.

Sicherheitstests am Menschen? - Fehlanzeige!
Das wäre für die Firmen wohl zu riskant, denn da könnte ja - über die Aufklärung des konkreten Risikos - ein Milliardengeschäft gefährdet werden!

Unsere gesamte Impfexperten-Bürokratie scheint folgerichtig der Meinung, dass dieses Gesundheits-Risiko doch besser die Geimpften tragen sollen.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Die Aluschlamm-Katastrophe

Vergangenen Donnerstag und Freitag war ich mit einem Kamerateam in Devecser und Kolontar, den beiden von der Aluschlamm-Katastrophe am meisten betroffenen Gemeinden.

Montag lief der dabei entstandene Bericht im ORF-Magazin "Thema" und ist hier in der TV-Thek abrufbar.

Dazu noch einige Fotos, die ich in Ungarn gemacht habe:



Was wie die pure Idylle wirkt, sind Deponien, in denen seit den 70er Jahren Millionen Tonnen Rotschlamm vergraben und mit Lehm bedeckt wurden. Im Hintergrund die "Alustadt" Ajka.


Eines der heftigsten Gifte im Aluschlamm ist Natronlauge, die dazu benötigt wird, das Rohaluminium vom Rotschlamm chemisch zu trennen. Zuerst wird die Erde abgetragen, dann zur Neutralisierung der stark ätzende Natronlauge Gips auf den Boden ausgebracht.


Kinder sind aus dem Stadtbild vollkommen verschwunden, die Schulen geschlossen, die Spielplätze verwaist. Und der Rotschlamm eignet sich hervorragend zur Einfärbung von Bäumen.


Christian und Johanna, mein vermummtes Kamerateam.


Die Putzschicht ist zu Ende - für diesen Tag.


Katzenliebe in Zeiten der Aluschlamm-Katastrophe.