Bert Ehgartner live

Dienstag, 16. April 2013

Aluminium - Die geheime Gefahr


Der Greenpeace Aktivist Bernd Schaudinnus war als einer der ersten ausländischen Helfer vor Ort, als im Jahr 2010 in Ungarn ein Becken mit giftigem Rotschlamm aus der Aluminium-Produktion einstürzte. Die Katastrophe war für ihn Anlass, die Spur aufzunehmen und sich intensiv mit dem Leichtmetall zu befassen. 
Am 21. April wurde in der Sendereihe "planet e" des ZDF ein neuer, 30 Minuten langer Film zur Problematik von Aluminium gezeigt. Er kann in der Mediathek des ZDF jederzeit angesehen werden. 

Greenpeace Aktionskoordinator Bernd Schaudinnus 
Es war eine der größten Umweltkatastrophen Europas. Am 4. Oktober 2010 zur Mittagszeit bricht in Ungarn der Damm eines Deponiebeckens einer Aluminiumfabrik, in dem toxischer Rotschlamm gelagert war. Die Folge: Eine meterhohe Flutwelle verwüstet angrenzende Dörfer und die Kleinstadt Devecser.

Bernd Schaudinnus, Aktionskoordinator bei Greenpeace reist mit seinem Team sofort aus Wien an, als er von dem Unglück erfährt. "Bis dahin habe ich kaum etwas über die Gefährlichkeit von Aluminium gewusst", sagt Schaudinnus. Er wird Zeuge unglaublicher Szenen: „Es war wie ein Waten in Blut, die Menschen waren vollständig uninformiert und haben mit bloßen Händen in den ätzenden Schlamm gegriffen.“

Istvan Benkö

Schaudinnus trifft den ungarischen Kameramann Istvan Benkö, dessen dramatischen Live-Bilder von der Katastrophe damals um die Welt gegangen sind. Benkö kämpfte wochenlang um sein Leben. Heute kann er keine Kamera mehr tragen, seine Gesundheit ist ruiniert. Das Viertel, in dem sein Haus stand, ist heute vollkommen abgerissen.

Giftbrühe aus dem Sperrgebiet

Während die ungarischen Behörden den Fall für beendet erklären, dringt Schaudinnus in das Sperrgebiet unmittelbar unterhalb der Bruchstelle vor: Hier liegt der Schutt von den abgerissenen Häusern – ohne irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen. Er wurde einfach auf das ehemalige Ackerland gekippt. Mitten durch fließt ein Bach. Schaudinnus nimmt daraus eine Wasserprobe.
Im Sperrgebiet unterhalb der Bruchstelle des ungarischen Rotschlamm-Beckens
Die Analyse im Umweltbundesamt Wien ergibt alarmierende Werte des toxischen Aluminiums. Jungfische sterben bei einem Wert von 0,2 Milligramm pro Liter, erwachsene Fische halten etwa 1,5 Milligramm aus. Hier ergibt die Analyse einen Wert von 39 Milligramm Aluminium pro Liter. Damit liegt das Wasser des Baches um das fast 200-fache über dem Grenzwert für Trinkwasser.
„Das geht natürlich auch ins Grundwasser. Diese Giftbrühe schädigt die Menschen und auch die Fische bis runter in die Donau“, sagt Schaudinnus.

Bauxit aus dem Regenwald

Ungarn war einst der größte Aluminium-Produzent Europas. Mittlerweile sind die Konzerne weiter gezogen – etwa in den Norden Brasiliens, wo mitten im Regenwald große Mengen von Bauxit gefunden wurden. Das einzige Erz aus dem Aluminium profitabel erzeugt werden kann liegt hier in dicken Schichten unmittelbar unter dem Erdboden. Vorher muss allerdings der bislang von Menschen unberührte Regenwald großflächig abgeräumt werden. Die Gebiete gleichen Marslandschaften.

Die Bauxitmine Trombetas im brasilianischen Regenwald

„Wasser brennt auf der Haut wie Pfeffer“

Das Bauxit wird anschließend gemahlen und mit Natronlauge behandelt, um die Aluminiumanteile aus dem Erz zu lösen. Mindestens die Hälfte des Ausgangsmaterials bleibt als unbrauchbarer Rotschlamm zurück, der als Sondermüll auf riesige Deponien geschüttet wird.


Silvania Maria dos Santos mit ihren Kindern
Für die Menschen in Brasilien, welche im Umfeld der Aluminium-Raffinerien leben, sind die Zustände verheerend. Das Wasser in ihren Bächen und Brunnen ist kontaminiert. „Wenn wir uns baden, beginnt der ganze Körper zu jucken und es brennt wie Pfeffer“, sagt Silvania Maria dos Santos, welche in einer nahe gelegenen Indio-Siedlung wohnt. „Bei den Kindern platzt die Haut auf.“


Brustkrebs Risiko durch Alu-Deos?

Bernd Schaudinnus vertieft sich in die wissenschaftliche Literatur zu Aluminium und entdeckt, dass Alu-Verbindungen heute in den sensibelsten Lebensbereichen eingesetzt werden. Immer mehr wissenschaftliche Studien stützen den Verdacht, dass sie auch beim Menschen bei der Entstehung verheerender Krankheiten wie Alzheimer oder Brustkrebs beteiligt sein könnten.


Hebamme Eva Glave während der Brustkrebs-Therapie
Die Frankfurter Hebamme Eva Glave hat jahrelang intensiv Deos verwendet. Kürzlich ist sie – im Alter von 32 Jahren – an Brustkrebs erkrankt. Erst im Nachhinein erfährt sie von dem Risiko, dem sie sich über die Deos ausgesetzt hat: Viele Produkte enthalten Alu-Chlor Verbindungen als Wirkstoff. 
Auf einer internationalen Konferenz im englischen Winchester trifft Schaudinnus Wissenschaftler, die seit Jahren zu Aluminium forschen. Etwa die Onkologin Philippa Darbre, welche zahlreiche Studien zum Risiko von Alu-haltigen Kosmetikprodukten veröffentlicht hat. „Das Aluminium scheint in der Lage zu sein, eine gesunde Brustzelle in eine Krebszelle umzuwandeln“, warnt sie.

Neue Krankheiten im Zeitalter des Aluminiums

Christopher Exley, Professor für bioanorganische Chemie an der britischen Keele University gilt in der Wissenschafts-Community als „Mr. Aluminium“. Seit 30 Jahren forscht er zu allen Eigenheiten dieses Elements. 
„Für das Leben auf der Erde ist Aluminium so etwas wie ein Alien“, sagt Exley. „Denn über Milliarden Jahre war es tief in der Erdkruste gefangen – in festen Verbindungen zu Silizium, Sauerstoff und anderen Elementen.“ Erst seit etwas mehr als hundert Jahren, erklärt Exley, beherrschen wir die Technik, das Aluminium mit ungeheurem Einsatz an Chemie und elektrischer Energie aus der Erde zu holen. Möglicherweise, so Exley, haben wir damit eine moderne ‚Büchse der Pandora’ geöffnet: „Mehr als 20 Krankheiten werden heute in der wissenschaftlichen Literatur mit Aluminium in Verbindung gebracht.“

"Mr. Aluminium" Prof. Christopher Exley
Bei einigen Krankheiten ist der Zusammenhang bereits bewiesen – etwa bei der Dialyse-Demenz, bei Anämie oder Knochenerweichung. Bei der Mehrzahl ist es derzeit noch beim Verdacht geblieben. Die Beweise reichen nicht aus, um Aluminium eindeutig als Verursacher zu identifizieren, erklärt Exley. Andererseits fehlen jedoch auch eindeutige Belege für einen Freispruch des Leichtmetalls.
„Wir leben im Zeitalter des Aluminiums und wir werden dieses Element auch nicht so schnell wieder los“, sagt Exley. „Deshalb ist es fahrlässig, das Problem klein zu reden, wie das von diversen Lobbys gemacht wird. Es ist unbedingt nötig, dass wir die Forschung intensivieren und uns dem Problem endlich stellen. Schließlich haben sich viele der mit Aluminium assoziierten Krankheiten – wie Alzheimer, Allergien oder Autoimmunerkrankungen – in den letzten Jahrzehnten sehr stark ausgebreitet.“

12 Kommentare:

  1. Hallo Herr Ehgartner,

    wie schætzen sie das Gesundheitsrisiko von sogenannten "Natural Crystal" Deos ein, die hauptsæchlich aus Alum bestehen, also ein natuerlilches Salz welches auch Aluminium enthællt.

    MfG
    Nils Broering

    AntwortenLöschen
  2. Alum (Aluminiumoxid) ist kein "natürliches Salz", sondern das Resultat einer ziemlich aufwändigen Prozedur, wo zunächst aus Bauxit mit Hilfe von Ätznatron Aluminiumhydroxid erzeugt wird. Das wird dann zu Alum gebrannt.
    Alum ist der weiße Staub, der von den Raffinerien weg fliegt und wohl auch dafür verantwortlich ist, dass rund um diese Alum-Raffinerien keine Fische überleben.
    Außerdem bezweifle ich, dass diese Deos tatsächlich aus Alum bestehen.

    Wahrscheinlich handelt es sich um Alaun.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Herr Ehgartner,

      Ihre Ausführung deckt sich teilweise nicht mit meiner Recherche:
      Aluminiumoxid wird u. a. auch als "Tonerde" oder als "Korund" bezeichnet.
      "Alum" ist die englische Form des deutschen "Alaun" (chem.: Aluminiumkaliumsulfat-Dodecahydrat).

      * http://de.wikipedia.org/wiki/Aluminiumoxid
      * http://de.wikipedia.org/wiki/Alaune
      * http://de.wikipedia.org/wiki/Kaliumaluminiumsulfat

      Demnach bezieht sich Ihre Erklärung auf "Tonerde".
      Ihrer Vermutung, daß Herr Broering wohl "Alaun" meint, schließe ich mich an.

      Der einheitliche Tenor aller von mir aufgesuchten Texte:
      Alaun bzw. Alum in Deodorants kann als unbedenklich angesehen werden, da aus dieser Verbindung das Aluminium weder an die Haut abgegeben noch von dieser aufgenommen wird.

      Anders sieht dies bei Aluminiumchlorid aus. Hier wird freies Aluminium an den Körper abgegeben, das nach aktuellen Studiendaten durchaus als problematisch angesehen werden sollte. Ich bin zum jetzigen Zeitpunkt sehr dafür, daß Hersteller auf Aluminiumchloride in Kosmetika verzichten bzw. die Verbraucher besser aufgeklärt werden und z.B. Deodorants mit Aluminiumchlorid nicht anwenden.

      Man kann also Herrn Broering nur ermuntern, bei seinen alaunhaltigen Kristalldeodorants zu bleiben.

      MfG
      MarieAnn

      Löschen
    2. Es würde mich interessieren, welche Belege Sie für die Unbedenklichkeit von Alaun-Deos gefunden haben, bzw. wie es möglich sein sollte, dass aus dieser Verbindung kein freies Aluminium an die Haut abgegeben werden kann.
      Der Aluminium-Experte Christopher Exley hält Alaunstifte - unter anderem aufgrund der schwierigen Dosierbarkeit - sogar für problematischer als die normalen Antitranspirant-Sprays mit dem hauptsächlichen Wirkstoff Aluminiumchlorohydrat.

      Löschen
    3. Danke für den Hinweis für die falsche Verwendung des Begriffes Alum.
      Das wird tatsächlich im englischen als Kurzform für Aluminiumsulfat verwendet.
      Bei Alu-Verbindungen gibt es aber derartige Begriffsverwirrungen, dass hier der Überblick oft schwer fällt. Denken Sie nur an Tonerde, wie Aluminiumoxid im deutschen oft bezeichnet wird. Diese Tonerde hat aber mit dem natürlichen Material zum Töpfern gar nichts zu tun und kann - je nach Herkunft - auch gar kein Aluminium enthalten.

      Löschen
  3. bitte mitmachen:
    http://www.avaaz.org/de/petition/Verbot_giftiger_AluminiumVerbindungen_in_allen_Lebensbereichen/?ttDMBab

    AntwortenLöschen
  4. Sehr geehrter Herr Ehgartner,

    ich finde es gut, dass Sie sich um brisante Themen kümmern.

    Was aber gänzlich falsch ist, ist dass Tonerde (=Aluminiumoxid) nichts mit dem natürlichen Material zum Töpfern zu tun hat. Wir umgeben uns geradzu mit Aluminium. Sämtliche Steingut-, Ton- und Porzellanartikel in unseren Haushalten oder die bewährte "Heilerde" als natürliches Hausmittel bestehen aus Aluminiumoxid-Siliciumoxid-Verbindungen. Wir trinken aus ihnen, essen von ihnen, essen es sogar ... Da können noch ein paar Zuschlagstoffe dabei sein, aber mit dem "giftigen Aluminium" alias Ton/Keramik hantierten schon die Steinzeitmenschen. Ebenso besteht unsere Acker- und Gartenerde aus Alumniumoxidverbindungen, und zwar im dicken Prozentbereich und nicht im Milligrammbereich. Davon stirbt kein Fisch oder Mensch.

    Die Alumiumphobie ist vielfach der Unwissenheit und Abschreiben aus anderen Trivialquellen geschuldet.

    Dass wasserlösliche Aluminiumchlorohydrat-Verbindungen im Verdacht stehen Auslöser verschiedener Kranheiten zu sein, darüber besteht kein Zweifel. Das sollte erforscht werden. Wir wissen noch zu wenig über Ursache der Krankheiten und Wirkung des Alumiums. Wer Christopher Exley genau zugehört hat, versteht seinen Aufruf.

    VG,
    Armin Kessler

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Sehr geehrter Herr Kessler,

      in meinem Buch "Dirty Little Secret - Die Akte Aluminium" habe ich zur "Begriffsverwirrung um Tonerde" ein eigenes Kapitel geschrieben.

      Aluminiumoxid als industrieller Ausgangsstoff für die Erzeugung von metallischem Aluminium sowie als Rohstoff für die Zement- und Keramik-Industrie ist ein rein weißes Pulver, das aus dem (nach dem Bayer Verfahren gewonnenen) Aluminiumhydroxid bei rund 1300 Grad gebrannt wird. Dieses Aluminiumoxid wird im Deutschen als "Tonerde" bezeichnet. Im englischen ist dafür nur der korrekte Name "aluminium oxide" gebräuchlich.

      Ton, wie er seit Jahrtausenden zum Töpfern oder zur Herstellung von Keramik verwendet wird, kann Aluminiumoxid enthalten, muss es aber nicht enthalten.
      Hier sind die Bezeichnungen wirklich reichlich verwirrend. Tonminerale sind gekennzeichnet als feinstkörnige Minerale und Schichtsilikate, die immer Silizium, jedoch unterschiedliche Mengen von Aluminium enthalten. In manchen Tonen ist kaum Aluminiumoxid enthalten und dieses weitgehend durch Magnesium ersetzt. Die Freisetzung von Aluminiumionen aus Ton ist aber ohnedies nur möglich, wenn dieser mit Säuren oder starken Basen versetzt wird. Auch Lehm hat einen mehr oder weniger großen Anteil an Ton. Art und Anteil von Ton bestimmen maßgeblich die Fruchtbarkeit der Böden.

      Auch das altbekannte Arzneimittel „Essigsaure Tonerde“ hat nichts mit Tonerde/Aluminiumoxid zu tun, sondern ist chemisch das Aluminiumsalz der Essigsäure: Aluminiumdiacetat.

      freundliche Grüße, BE

      Löschen
  5. heisst das jetzt, dass Essigsaure Tonerde ungefährlich ist? Danke für Ihre Antwort
    Axel Müller, München

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es gibt dazu keine mir bekannten brauchbaren Untersuchungen. Doch das Auftragen von Aluminiumverbindungen auf die Haut stellt - speziell im hier vorliegenden sauren Milieu - ein Risiko dar, dass Alu-Ionen in die Haut eindringen. Ich rate von essigsaurer Tonerde ab. Ebenso von Produkten, welche essigsaure Tonerde in Mischungen enthalten - speziell, wenn diese mit weiteren Alu-Verbindungen kombiniert werden, wie z.B. bei der Lenicet Salbe.

      Löschen
  6. Guten Tag Herr Ehgartner,

    kann ich aus Ihren Ausführungen den Schluss ziehen, dass Modellieren mit Ton zum Töpfern in jedem Fall ungefährlich ist, auch wenn der Ton viel Aluminium enthält, man in anfeuchtet, intensiv mit den Händen berührt und der Ton-Staub in der Luft herumfliegt, die man einatmet und in die Augen weht?

    Das würde mich sehr interessieren

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das Modellieren mit Ton ist sicherlich unproblematisch.
      Ganz im Gegensatz zum Modellieren mit Knetmasse, der oftmals Alaun zugesetzt wird.
      Aluminium aus Ton ist nahezu unlösbar, weil natürlich mit O und Si verbunden.
      Alaun ist eine industriell erzeugte chemische Verbindung. Al Ionen lösen sich daraus sehr leicht.

      Löschen