Bert Ehgartner live

Donnerstag, 4. Juni 2009

Sichere Impfstoffe, unsichere Behörden

"Impfstoffe sind sicherer als 'normale' Arzneimittel", lautete der Titel einer APA Meldung, die unter anderem vom online-standard übernommen wurde. Der Artikel bezieht sich auf eine Veranstaltung der österr. Arzneimittel-Behörde AGES PharmMed, zu der gestern die Presse geladen war. Ich war auch dort.

Anlass für die Einladung war die Renovierung und Wiedereröffnung des OMC-Labors (Official Medicines Control Laboratory) in der Wiener Possingergasse. Der Titel der APA-Meldung ergab sich als Antwort auf die Frage des APA Redakteurs Wolfgang Wagner an Gerhard Beck, den Leiter der AGES PharmMed-Zweigstelle.

Hier die entsprechende Passage:
"Schwere Nebenwirkungen, abgesehen von Rötungen oder Schwellungen an der Impfstelle oder Fieberreaktionen, treten bei der Gabe von Impfstoffen seltener als bei synthetischen Arzneimitteln auf. Synthetisch hergestellte Arzneimittel wirken systemisch (im ganzen Körper, Anm.) und haben viel mehr Nebenwirkungen. Impfstoffe werden lokal gegeben, mit Antigenen haben wir ja täglich Kontakt. Sie imitieren im Grunde einen natürlichen Vorgang", sagte Gerhard Beck


Ich halte das für eine höchst erstaunliche Aussage, die fachlich unhaltbar ist.

Ein synthetisches Arzneimittel - sagen wir ein Schmerzmittel oder eine Blutdruck-Pille - wirkt also systemisch (im ganzen Körper).
Ein Impfstoff hingegen nur lokal?

Ist es nicht die Aufgabe eines Impfstoffes, einen bleibenden Eindruck im Immunsystem zu hinterlassen, der im Idealfall ein ganzes Leben lang andauert?

Wie lange hält im Vergleich dazu die Wirkung eines Aspirins an?

Oder um es umzudrehen: Wie lange kann die Nebenwirkung eines Aspirins anhalten - verglichen mit der Nebenwirkung einer Impfung?

Ein Arzneimittel, das keine Nebenwirkung hat, sagte AGES-PharmMed Chef Marcus Müllner, hat auch keine Wirkung.

Das Ziel einer Impfung ist die günstige Beeinflussung des Immunsystems. Eine wesentlich problematischere Nebenwirkung als die simple "Rötung an der Impfstelle" wäre die ungünstige Beeinflussung des Immunsystems. Beispielsweise in Richtung einer dauerhaft falschen Immunreaktion.


Allergien und Autoimmunkrankheiten

Wir leben inmitten einer weltweiten "Pandemie" von Krankheiten des Immunsystems. Etwa ein Drittel der Bevölkerung in den Industrieländern ist beeits von Allergien oder Autoimmunkrankheiten betroffen.
Befragt nach den Gründen für diesen rasanten Anstieg innerhalb weniger Jahrzehnte, nennen die Experten "unbekannte Umwelteinflüsse" oder diffuse "genetische Ursachen".
Man weiß es also nicht.

Kommt die Rede jedoch auf die - parallel zu dieser Krankheitswelle - ebenso rasant gestiegene Anzahl von Impfungen, so heißt es sofort: Das hat damit nichts zu tun, das sei doch erwiesen.

Ich würde mir hier etwas mehr Vorsicht wünschen. Denn geimpft werden im Regelfall vollständig gesunde Menschen. Babys und Kleinkinder, deren Eltern voller Vertrauen zum Impfarzt gehen, und sich von dieser Maßnahme ein Mehr an Gesundheit und Sicherheit erwarten. Und die ein Recht darauf haben, dass Risiken auf das nicht mehr vermeidbare unterste Limit reduziert werden.

Von Seiten der Behörden ist deshalb ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit gefordert. Eine vorsorglich kritische - besser sogar eine überkritische Einstellung, die sich auch nicht vom – in der fernen Vergangenheit unter gänzlich anderen Umständen erworbenen – guten Image der Impfungen blenden und lähmen lässt.

Denn machen wir uns nichts vor: Es gibt zwar eine große Zahl von Indizien dafür, dass Impfungen nichts mit dem beschriebenen Anstieg von Krankheiten des Immunsystems zu tun haben, es gibt aber keine Beweise. Denn Beweise sind schwer zu beschaffen. Das würde bedeuten, dass man Studien unternehmen müsste, in der das Los entscheidet, ob ein Mensch geimpft wird oder nicht.
Und solche Studien sind zurecht ethisch nicht verantwortbar.

Es gibt im Gegenteil aber auch eine Reihe von Hinweisen, dass Impfungen - etwa bei genetisch empfänglichen Menschen - dauerhafte Schädigungen des Immunsystems auslösen können. Dass so etwas möglich ist, streitet kein ernst zu nehmender Immunologe ab. Umstritten ist bloß, wie groß dieses Risiko ist.


Wenn das Potenzial von Nebenwirkungen so pauschal verniedlicht und abgetan wird, wie von Gerhard Beck, so stellt sich die Frage, ob hier mit dem nötigen Verantwortungsgefühl gearbeitet wird. Wer keine Gefahr vermutet, wird auch keine Gefahr entdecken.


Erschreckender Wissensstand

Unter den Bestandteilen einer Impfung machen die Adjuvantien den massivsten Eingriff ins Immunsystem. Dies ist auch ihre Aufgabe, weil die Antigene - also die wesentlichen Bestandteile der Impfung - ohne diese Hilfsstoffe vom Immunsystem meist gar nicht wahr genommen würden. Dazu fehlt es den ausgehöhlten Viren oder den abgetöteten Bakterienteilen einfach an Gefährlichkeit. Sie würden bloß von den körperinternen Putztrupps gesammelt, in die Einzelteile zerlegt und recycled oder beseitigt und ausgeschieden. Also braucht es ein Signal, der das Immunsystem täuscht, einen Schock, der so eindrucksvoll ausfällt, dass eine Alarmaktion ausgelöst wird. Derart aufgescheucht finden die Zellen der Immunabwehr dann die Antigene der Impfung, halten diese für die Auslöser der Aufregung, verhaften diese und schleppen sie in die zentralen Sammelstellen - z.B. die Lymphknoten, wo dann der bekannte immunologische Lerneffekt stattfindet.

Soweit die Theorie.
Doch jeder Feuerwehrmann weiß, dass bei einer Alarmübung etwas schief gehen kann. Und auch Immunologen finden zunehmend heraus, was an unerwünschten Reaktionen möglich ist.
Die aufgescheuchten Kämpfer der Immunabwehr können sich beispielsweise irren und körpereigene Proteine für die Übeltäter halten. Für diese Fehlreaktion wurde der Ausdruck „molecular mimicry“ geprägt. Ergebnis der Verwechslung wäre eine Autoimmunkrankheit. Zum Beispiel eine chronische Uveitis - eine oft folgenschwere Entzündung der Regenbogenhaut des Auges - in der Literatur beispielsweise nach BCG-Impfung beschrieben. Oder eine systematische Schädigung der Nervenzellen durch Angriff des Immunsystems auf deren Myelinschichten, wie sie etwa nach Heptatis-B-Impfungen beobachtet und heftig pro und contra debattiert wurden.

Jedenfalls sollte es sich schon bis zu den Behörden durchgesprochen haben, dass Adjuvantien durchaus ein potenzielles Risiko darstellen und besonders penibel auf ihre Sicherheit geprüft werden sollten.

Ich habe also ein paar Zwischenfragen zur Sicherheit der Adjuvantien gestellt, und wählte als aktuelle Beispiele die derzeit so heftig beworbenen und heiß diskutierten HPV-Impfstoffe Gardasil und Cervarix.

Ich wollte wissen, ob den Mitarbeitern der AGES PharmMed Studien bekannt sind, in denen die Sicherheit dieser beiden - im Vergleich zum traditionell verwendeten Aluminiumhydroxid - recht neuartigen Aluminium-Verbindungen geprüft und bestätigt wurde.

Die Antwort war nein.

Ich wollte wissen, warum die Europäische Arzneimittelbhörde EMEA kein Problem darin sah, Cervarix zuzulassen, während die US-amerikanische FDA das - wegen kolportierter ungenügender Sicherheitsdaten des darin verwendeten neuartigen Adjuvantiensystems - abgelehnt hatte.

Die Experten waren sichtlich verwundert zu erfahren, dass Cervarix in den USA nicht zugelassen war.

Ich fragte weiter, ob es ihrer Meinung nach in Ordnung sei, dass in den Zulassungsstudien von Cervarix und Gardasil die Adjuvantien nicht nur in den Impfstoff-Gruppen, sondern gleich auch in den Placebogruppen verimpft worden waren.

Selbstversändlich nicht, sagte Gerhard Beck. Das wäre höchstens dann zu verantworten gewesen, wenn es sich dabei um das altbekannte Aluminiumhydroxid gehandelt hätte. "Hat es aber scheinbar nicht", fragte er zurück. Ich verneinte.

Ich stellte die abschließende Frage, ob es nicht die Aufgabe einer Arzneimittel-Behörde sei, sich über derartige Risiken zu informieren und diese penibel zu prüfen, zumal ich dieselben Fragen auch schon zwei Wochen vor der gestrigen Veranstaltung schriftlich an die Leiter der AGES PharmMed gestellt habe.

Die Antwort darauf fiel etwas kleinlaut aus.

Und jedenfalls deutlich unklarer als die Blanko-Unbedenklichkeits-Erklärung welche die APA-Aussendung zierte.

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