"Geniale junge Menschen werden uns mit jeder Generation geschenkt. - Diese herausragenden Talente können wir weder planen noch anschaffen, aber wir können sie sehr wohl kaputt machen."So lautet die Warnung des in Graz geborenen Biochemikers Gottfried Schatz, der nach einer Karriere in den USA und der Schweiz die aktuelle Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses in Österreich kritisch beurteilt:
"Wir bieten heute jungen Forschern ganz miserable Karrierestrukturen, die weder fair, noch transparent, noch vernünftigerweise planbar sind."Die Universitäten leiden unter Finanznot, die Notwendigkeit der Einwerbung von Drittmittel steht im Anforderungsprofil jeder akademischen Führungsposition. Doch wie sehr darf sich die Wissenschaft verkaufen, ohne dass sie ihre Unabhängigkeit vollständig verliert? Welche internen Kontroll-Mechanismen hat die Wissenschaft, um sich gegen den immer stärker werdenden Einfluss der Lobbys zu wehren? Ich habe für das Wissenschaftsmagazin "Newton" eine Sendung gestaltet, in der diese spannenden Fragen Thema sind.
Besonders habe ich mich auf den Spagat zwischen angewandter Forschung im Auftrag von Industriepartnern sowie der Grundlagenforschung konzentriert, welche nachhaltige Lösungen abseits kurzfristiger Rendite sucht.
Die akademischen Pole reichen dabei von der Montanuniversität Leoben, die als Darling der Industrie gilt, bis zum brandneuen Institute of Science and Technology (IST) in Gugging, wo hunderte Millionen Euro an Steuergeld in die Hoffnung investiert werden, dass die Grundlagenforschung irgendwann Früchte trägt und dabei Patente oder gar ein Nobelpreis abfallen.
Zwischen diesen elitären Polen liegt der Sumpf des akademischen Alltags mit vielfach prekären Lebensumständen von Jungwissenschaftlern. Viele müssen sich von Auftrag zu Auftrag hanteln und werden ohne längerfristige Perspektiven dann - gut und teuer ausgebildet - aus Österreich regelrecht vertrieben.
"Was derzeit überhaupt nicht passt ist die Situation bei den Jungen", sagt Renée Schröder, Professorin am Department für Biochemie der Max F. Perutz Laboratories in Wien. Sie plädiert für eine neue "Entlassungskultur":
"Das System ist brutal geworden. Die Universitäten haben nicht den Mut, den Leuten längerfristige Verträge zu geben, weil sie Angst haben, sie können sie dann nicht entlassen, wenn sie die Leistung nicht bringen. Das ist für die Jungen ganz schlimm, wenn sie viel leisten und keine Aussicht auf eine Stelle haben. Und neben ihnen sitzen zwei auf permanenten Stellen, die nichts leisten."
Die Sendung kann eine Woche lang in der TV-Thek des ORF angesehen werden.
Newton Moderator Matthias Euba |